Für ein Rentenniveau von 53 Prozent !

„Erschreckende Zahlen“ – Altersarmut trotz Vollzeitbeschäftigung?

von Daniel Pontzen

Datum:

14.02.2021 08:00 Uhr ZDF

Eine Anfrage der Linken-Fraktion ergibt: Selbst nach 45 Jahren Vollbeschäftigung könnte fast drei Millionen Menschen eine Rente auf Grundsicherungsniveau drohen.  

Wie viele Beschäftigte verdienen derzeit zu wenig, um nach 45 Jahren Vollzeitbeschäftigung eine Rente oberhalb der Grundsicherung im Alter zu erhalten? Mit dieser Anfrage wandte sich die Bundestagsfraktion der Linken an die Bundesregierung – und findet die Antwort „skandalös“.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit, heißt es im Schreiben des Arbeitsministeriums, das dem ZDF vorliegt, „gab es im Jahr 2019 insgesamt rund 2,9 Millionen sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte mit einem Entgelt unterhalb des Schwellenwertes von monatlich 2.050 Euro“. Das sei „nahezu jeder siebente“, klagt Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch, der die Anfrage gestellt hatte:

Es kann nicht sein, dass diejenigen, die ein Leben lang arbeiten, am Ende in Grundsicherung landen. Und wenn es gerade diejenigen sind, die vielfach in den letzten Monaten beklatscht worden sind, dann ist der Skandal besonders sichtbar.

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„Für die Demokratie ist es deshalb durchaus systemrelevant, wie der Staat mit den Hartz-IV-Beziehern umgeht.“ (Herner Sozialforum)

Herner Sozialforum begrüßt Initiative „Soforthilfen für die Armen – jetzt!“

Mit dem Appell “Soforthilfen für die Armen – jetzt!!” ist eine breite, bundesweite zivilgesellschaftliches Allianz an die Öffentlichkeit getreten. Zu dem Zusammenschluss zählen 41 Gewerkschaften und Verbänden wie z. B. ver.di, GEW, der Paritätischen Gesamtverband, die AWO, das Diakonische Werk, die Caritas, der vdk, dem SOVD und der Mieterverein.

Das Bündnis spricht sich für eine bedarfsgerechte, armutsfeste Anpassung der Regelsätze aus. Das Sozialforum Herne begrüßt diese Initiative und schließt sich der Forderung an, die Regelsätze auf mindestens 600 Euro anzuheben und für die Dauer der Pandemie einen Mehrbedarfszuschlag von 100 Euro pro Monat zu gewähren.

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Bis Ende 2021 Verzicht auf die Angemessensheitsprüfung der Unterkunftskosten, auf die Vermögensprüfung und auf die Sanktionen

Hartz-IV-Reformvorschlag:

Weder sozialpolitischer Meilenstein noch schleichende Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens

DIW aktuell 58, 8 S.

Fabian Beckmann, Rolf G. Heinze, Dominik Schad, Jürgen Schupp

2021

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12. Februar 2021 – Während des ersten Corona-Lockdowns wurde der Zugang zu Hartz IV erleichtert, um die Folgen der Eindämmungsmaßnahmen abzufedern. So wurden beispielsweise die Angemessenheitsprüfung zu den Unterkunftskosten und die Vermögensprüfung abgeschafft sowie auf Sanktionen verzichtet. Diese Änderungen waren zunächst bis Ende März befristet und wurden jetzt im Rahmen des jüngsten Koalitionsausschusses bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Damit ist der von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vorgelegte Gesetzesvorschlag, mit dem der Zugang zu den Hilfen dauerhaft erleichtert werden soll, vermutlich auf den zu erwartenden Bundestagswahlkampf verschoben. Um die politische Debatte zu versachlichen, wird im Folgenden empirisch fundiert untersucht, wie sinnvoll es ist, die temporären Änderungen nach Auslaufen der Corona-Sonderregeln beizubehalten. Die Analyse von drei grundlegenden Reformpunkten der Grundsicherung zeigt, dass die dauerhafte Vereinfachung bei den Kosten der Unterkunft nur geringe Mehraufwendungen verursachen würde. Für die Abschaffung der Sanktionen würde hingegen die Akzeptanz, auch der betroffenen Hartz-IV-Beziehenden fehlen.

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Menschen eine Wohnung zu geben, kostet weniger als sie auf der Straße zu lassen.

„Housing First“ schafft Wohnungen für Obdachlose

Finnland hat es geschafft: Es gibt fast keine Obdachlosen mehr!

Dieser Artikel ist auch in englischer Sprache auf scoop.me verfügbar und kann frei vervielfältigt werden.

Juha Kaakinen leitet die Y-Foundation. Die NGO bekommt vergünstigte Anleihen vom Staat, um Wohnraum anzuschaffen. Darüber hinaus werden die SozialarbeiterInnen vom Staat bezahlt. Die finnische Lotterie wiederum unterstützt die NGO, wenn sie Wohnungen am privaten Wohnungsmarkt kauft. Daneben nimmt die Y-Foundation noch Kredite von Banken auf. Mit den Mieteinnahmen zahlt die NGO die Kredite zurück.

„Wir mussten die Nacht-Unterkünfte und Kurzzeit-Unterbringungen abschaffen, die wir früher hatten. Sie hatten Tradition in Finnland, aber jeder konnte sehen, dass sie den Menschen nicht aus der Obdachlosigkeit geholfen haben.“ (Juha Kaakinen, Leiter der Y-Foundation)

Das „Housing First“-Konzept zusammengefasst

Diese Politik heißt „Housing first“. Sie kehrt die herkömmliche Obdachlosen-Hilfe um. Häufig ist es so, dass von Betroffenen erwartet wird, sich einen Job zu suchen und sich von psychischen Problemen oder Suchterkrankungen selbst zu befreien. Erst dann gibt es Hilfe bei der Wohnungssuche.

„Housing first“ dagegen geht es andersherum an: Obdachlose Menschen bekommen eine Wohnung – ohne Voraussetzung. Sozialarbeiter helfen bei Anträgen rund um Sozialleistungen und sind Ansprechpartner bei Problemen. In dieser neuen, sicheren Ausgangslage fällt es den Betroffenen dann leichter, sich um einen Job und um ihre Gesundheit zu kümmern.

Obdachlosigkeit Finnland Housing First

4 von 5 obdachlose Menschen behalten bei „Housing First“ langfristig ihre Wohnung und können ein stabileres Leben führen.

Innerhalb von etwa 10 Jahren hat das „Housing First“-Programm in Finnland 4.600 Wohnungen bereitgestellt. Während 2017 noch immer etwa 1.900 Menschen auf der Straße lebten, konnte 2019 die Zahl auf unter 1.000 Langzeit-Obdachlose verringert werden  – doch auch für sie gibt es genügend Plätze in Notunterkünften, damit sie zumindest nicht mehr im Freien schlafen müssen.

Das Obdachlosen-Hilfe-Konzept wurde vom Psychologen Sam Tsemberis entwickelt. Ausgangspunkt ist der Zugang, dass Wohnraum der Ausgangspunkt und nicht das Ziel der Hilfe ist. Zielgruppen sind Menschen mit schweren (psychischen) Erkrankungen, Suchterkrankungen oder Behinderungen, die über kein Zuhause verfügen. Betroffene werden unterstützt, dass sie auf Alkohol und Drogen verzichten. Anders als bei anderen Hilfsprojekten ist es aber keine Voraussetzung, um eine Wohnung zu bekommen. Wo das Modell angewendet wird, kann die Obdachlosigkeit bei 4 von 5 Betroffenen beendet werden.

Menschen eine Wohnung zu geben kostet weniger als sie auf der Straße zu lassen

Menschen Wohnraum zu schaffen, kostet natürlich Geld. In den 10 Jahren von „Housing First“ wurden 270 Millionen Euro für den Bau, den Ankauf und das Renovieren von Wohnungen ausgegeben. Allerdings, gibt Juha Kaakinen zu bedenken, ist das weit weniger als Obdachlosigkeit selbst kostet. Denn wenn Menschen in Notsituationen sind, gibt es auch häufiger Notfälle: Übergriffe, Verletzungen, Zusammenbrüche. Polizei, Gesundheits- und Justizsystem sind öfter gefordert und auch das kostet Geld.

Im Vergleich kostet „Housing First“ weniger als Obdachlosigkeit: Der Staat gibt pro obdachlosem Menschen 15.000 Euro weniger pro Jahr aus als vorher.

Kein Wundermittel – aber hohe Erfolgsquote

Bei 4 von 5 Personen ist „Housing First“ langfristig wirksam: Sie behalten ihre Wohnung, sind auf Jobusche und nutzen die Hilfe der SozialarbeiterInnen. In 20 Prozent der Fälle steigen Menschen aus, weil sie bei Freunden oder Verwandten unterkommen – oder weil sie es nicht schaffen, die Miete zu bezahlen. Doch auch in diesem Fall werden sie nicht fallen gelassen. Sie können nochmal um eine Wohnung ansuchen und werden erneut unterstützt, wenn sie das möchten.

Erfolgsgarantie gibt es keine. Vor allem wohnungslose Frauen sind schwieriger zu erreichen: Sie verschleiern ihre Notsituation, weil sie öfter im sozialen Umfeld unterkommen und weniger häufig auf der Straße leben. Und eben dort spricht die Y-Foundation Menschen an.

„Neunerhaus“ in Wien setzt „Housing First“ um – mit Erfolg

Das Neunerhaus in Wien hat 2012 ein 3-jähriges Pilotprojekt gestartet, in dem sie das „Housing First“-Konzept umgesetzt hat. Es war so erfolgreich, dass das Angebot mittlerweile Teil der Wiener Wohnungslosenhilfe ist.

Seit   Oktober   2016 gibt es ein eigenes Team aus SozialarbeiterInnen und Gesundheits-Fachkräften, die das Projekt tragen. Das Ergebnis: Fast 97 Prozent der Betroffenen behalten ihre Wohnung und haben sich stabilisiert.

Einen Überblick über weitere derartige Angebote in Österreich gibt es im „Housing First“-Guide.

„Unser Staat besteuert Altersarmut“

Renten-Doppelbesteuerung: „Unser Staat besteuert Altersarmut“ – Experten üben Kritik

von Moritz Serif Frankfurter Rundschau

Die Doppelbesteuerung der Rente in Deutschland wurde von Klaus Schindler nachgewiesen. Steuerberater Heinrich Braun hat das Bundesfinanzministerium verklagt.

  • Das Renten-System in Deutschland könnte sich in naher Zukunft verändern.
  • Die Altersvorsorge wird laut Experten nämlich doppelt besteuert.
  • Finanzämter versuchen laut Heinrich Braun systematisch, Rentner:innen aus den Einspruchsverfahren zu drängen.

Mannheim/Saarbrücken – Die Doppelbesteuerung der Rente erhitzt weiterhin die Gemüter – und verunsichert Rentenbeziehende. Heinrich Braun, Steuerberater aus Mannheim, hat sich darauf spezialisiert, die Frage der Doppelbesteuerung der Altersvorsorge zu analysieren und gerichtlich dagegen vorzugehen. Gemeinsam mit Finanzmathematiker Klaus Schindler setzt er sich für Senior:innen ein. Schindler, der früher an der Universität Saarbrücken lehrte, hat eine Formel entwickelt, die zeigt, welcher Belastung Menschen im Ruhestand durch die Doppelbesteuerung ihrer Rente ausgesetzt sind.

Im Interview mit fr.de sagen Braun und Schindler, die Finanzämter versuchten, Rentenbeziehende zu täuschen und um ihr Recht zu bringen.

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Hinzuverdienst SGB II

Hinzuverdienst SGB II

Anrechnungsfreier Hinzuverdienst nach SGB II

Braucht es einer Neuregelung zur Stärkung des »Arbeitsanreizes«?

Johannes Steffen  Portal Sozialpolitik

Anfang Januar hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen Entwurf zur Reformen des SGB II vorgelegt. Unter anderem sollen nicht erhebliches Vermögen (bis 60.000 Euro plus 30.000 pro weitere Person) sowie die Angemessenheit der Wohnung in den ersten zwei Jahren des Grundsicherungsbezugs nicht mehr überprüft werden. Vor allem aber soll das Urteil des BVerfG vom 5. November 2019, dem bislang nur durch Weisung der BA Rechnung getragen wird, in Gesetzesform gegossen werden: Leistungsminderungen aufgrund von Sanktionen dürfen 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs nicht überschreiten. Bei fehlender Erstausbildung soll künftig zudem drei statt zwei Jahre qualifiziert werden können – flankiert durch einen Weiterbildungsbonus. [1]

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Dramatische Lage im Gastgewerbe

Dienstag 09.02.21, 14:49 Uhr
Großteil der Bochumer Beschäftigen im Gastgewerbe in Kurzarbeit

Für ein Mindest-Kurzarbeitergeld

Im Moment wird vermutet, dass morgen in Berlin eine Fortsetzung des gegenwärtigen Lockdowns beschlossen wird. Deshalb fordert die NGG gemeinsam mit ver.di im Vorfeld dieses Gipfels ein Mindest-Kurzarbeitergeld. Aus der Pressemitteilung der NGG: „Vor den nächsten Bund-Länder-Gesprächen zur möglichen Lockdown-Verlängerung am morgigen Mittwoch macht die Gewerkschaft NGG auf die dramatischen Folgen der Schließungen für die Beschäftigten des Hotel- und Gaststättengewerbes in Bochum aufmerksam – und fordert einen Mindest-Kurzarbeitergeld von monatlich 1.200 Euro. „Die Beschäftigten wissen nicht mehr, wie sie noch ihre Miete bezahlen sollen. Letzte Reserven sind längst aufgebraucht. Und es könnten noch Monate vergehen, bis Lokale und Hotels wieder öffnen“, so Adnan Kandemir, Gewerkschaftssekretär der NGG-Region Ruhrgebiet. Nach Einschätzung der Gewerkschaft haben die aktuellen Schließungen ähnlich gravierende Auswirkungen wie der Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres. Damals meldeten 367 gastgewerbliche Betriebe in Bochum Kurzarbeit an – das sind 66 Prozent aller Betriebe der Branche in der Stadt. Die Zahl der kurzarbeitenden Köchinnen, Kellner und Hotelangestellten stieg auf 1.860, so eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit im Auftrag der NGG. Pressemitteilung der NGG

„Unsere selbstverwalteten Sozialversicherungssysteme haben sich in der Pandemie als Stabilitätsanker erwiesen.“ Und nicht der Markt…

„Die hohen Eigenanteile im Pflegeheim sind sozialpolitisch nicht mehr zu verantworten“

  • Der Vorstand des Kassen-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, spricht im RND-Interview über die hohen Todeszahlen in den Pflegeheimen, über Versäumnisse und Fehler.
  • Er beklagt zudem die finanzielle Belastung der Heimbewohner.
  • Und er sagt voraus, dass die Pflegeversicherung spätestens 2022 frisches Geld braucht. 
Tim Szent-Ivanyi 

Herr Kiefer, nach wie vor sind die Infektions- und Sterbezahlen in den Pflegeheimen extrem hoch. Was läuft falsch?

Als Gesellschaft haben wir es nicht geschafft, insbesondere unsere ältesten Mitbürger in dem Umfang zu schützen, der erforderlich gewesen wäre. Ich möchte das nicht als Schuldzuweisung verstanden wissen. Das wäre zu banal. In den vergangenen Monaten haben viele Menschen, vor allem die Beschäftigten in den Pflegeheimen, Großes geleistet. Aber es ändert leider nichts an dem beschriebenen Befund.

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„Man muss auch in diesen Tagen an den grundsätzlichen Charakter von Personaluntergrenzen erinnern: Mit solchen Werten wird eben nur das Mindeste normiert, gleichsam die Vermeidung einer Patientengefährdung, nicht aber eine bedarfsgerechte Versorgung.“ (Prof. Sell)

Für die einen zu wenig, für die anderen zu viel: Die neuen und erweiterten Untergrenzen für das Pflegepersonal in den Krankenhäusern im Jahr 2021

„Nur mit einer guten Pflegepersonalausstattung ist eine sichere und gute Behandlung von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus möglich.“ Das schreibt das Bundesgesundheitsministerium auf einer Seite, die den Titel Pflegepersonaluntergrenzen trägt. Der Aussage werden erst einmal alle sicher zustimmen können, wobei wie immer der Teufel im Detail sein Unwesen treibt. Wann ist denn die Personalausstattung in der Pflege eine „gute“? Wenn die Pflegekräfte entspannt arbeiten können? Oder wenn sie im Durchschnitt eine gute Arbeit abliefern könnten? Oder wenn es mindestens eine Mindestbesetzung gibt? Auf den letzteren Ansatz deutet die Überschrift mit den Untergrenzen hin, denn das ist offensichtlich etwas anderes als eine Pflegepersonaloptimalgrenze oder gar eine ideale Ausstattung mit Personal. Nicht ohne Grund erinnert eine Pflegepersonaluntergrenze an den Mindestlohn als Lohnuntergrenze oder an das Existenzminimum, dessen Sicherstellung durch eine Grundsicherung garantiert werden soll.

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Bundespolitisches Signal aus Bremen: 12 Euro Mindestlohn für den öffentlichen Dienst

Bremer Senat entscheidet

Zwölf Euro Mindestlohn in Bremen angepeilt

Jürgen Theiner 06.02.2021  Weser-Kurier

Die rot-grün-rote Koalition will mit einer Erhöhung des Landesmindestlohns auf 12 Euro zum 1. April ein bundespolitisches Signal setzen. Einen entsprechenden Beschluss wird der Senat voraussichtlich am Dienstag fassen.

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