Bekämpfung von Kinderarmut muss Priorität haben!

Bekämpfung von Kinderarmut muss Priorität haben!

Menschen mit Armutserfahrung und Verbände fordern wirksame Bekämpfung von Kinderarmut

Anlässlich des 13. Treffens der Menschen mit Armutserfahrung fordern die Nationale Armutskonferenz und die im „Ratschlag Kinderarmut“ zusammengeschlossenen Verbände die Bundesregierung auf, „mit großer Priorität wirksam und zielgerichtet die Armut von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu bekämpfen“.

© pixabay.de

Berlin, 7.11.2018 – „Mehr als drei Millionen Kinder und Jugendliche erfahren jeden Tag Ausgrenzung und Armut. Besonders betroffen sind Kinder, die in Familien von Alleinerziehenden leben. Knapp 40 Prozent leben mit Sozialleistungen“, berichtet Erika Biehn, Vorsitzende des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV). „Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass viele Betroffene ihr letztes Hemd geben, um das Nötigste für Ihre Kinder finanzieren zu können. Das können und wollen wir nicht weiter hinnehmen!“

Maßnahmen wie die Erhöhung des Kindergeldes würden bei in Armut lebenden Familien nicht ankommen, da sie auf Leistungen wie das Arbeitslosengeld II oder den Unterhaltsvorschuss angerechnet würden, heißt es in der Erklärung. Die geplanten Reformen des Kinderzuschlags und des Bildungs- und Teilhabepakets seien unzureichend.

„Zwar wird jetzt eine Erhöhung des Schulbedarfspakets angekündigt, aber wiederum gibt es keine ordentliche Bedarfsermittlung“, kritisiert Barbara Eschen, Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz. „Wir wissen aus Studien der Diakonie, dass bis zu 200 Euro für Schulmaterial fällig sind. Es reicht nicht aus, die bisherigen 100 Euro Pi mal Daumen zu erhöhen, ohne nachzurechnen, was wirklich nötig ist.“ Außerdem müssten das schulische Mittagessen und der ÖPNV für Schulkinder kostenlos werden.

Wesentliche Probleme würden sich durch die bisherige Konstruktion der Familienförderung ergeben, so Alexander Nöhring, Geschäftsführer des Zukunftsforums Familie, der familienpolitische Fachverband der Arbeiterwohlfahrt. „Bisher bekommen nicht die ärmsten Familien die stärkste Hilfe. Ein undurchschaubares Dickicht aus Kindergeld, Kinderfreibetrag, Basiselterngeld, Kinderregelsatz, Kinderzuschlag und Unterhaltsvorschuss sorgt dafür, dass gerade in Armut Lebende Familien ihre sozialen Rechte nicht durchsetzen können. Wir müssen die Familienförderung vom Kopf auf die Füße stellen: Dafür brauchen wir ein einheitliches Existenzminimum für alle Kinder und besondere und unbürokratische Hilfen für die, die sie am dringendsten benötigen“, so Nöhring.

„Um Kindern eine gerechtere Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, muss das Recht auf ihr soziokulturelles Existenzminimum gesichert sein. So gibt es auch die UN-Kinderrechtskonvention in den Artikeln 26 und 27 vor. Sprudelnde Steuereinnahmen durch die positive wirtschaftliche Lage in Deutschland und die dadurch vorhandenen Verteilungsspielräume müssen konsequenter für eine grundlegende Reform der Familienförderung genutzt werden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, fasst zusammen: „Bisher wurde viel angekündigt – aber wenig umgesetzt. Leistungen müssen alle Familienformen erreichen, egal ob verheiratet oder nicht, Alleinerziehende ebenso wie Familien mit vielen Kindern. Besonders wichtig ist die Infrastruktur vor Ort – vom Schwimmbad über Sozialarbeit bis hin zu Anlaufstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern, die nicht mehr weiter wissen.“ (Quelle: VdK)

 

Erklaerung_Ratschlag_Kinderarmut_2018-11-7-1

Auszug aus den Forderungen:

Es muss sofort gehandelt werden:
Das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT)
muss so ausgestaltet werden, dass es Teilhabe für alle Kinder und Jugendlichen einfach möglich macht. Die geplante Erhöhung des Schulbedarfs ist zu begrüßen, aber die 150 Euro reichen bei Weitem nicht aus. Wir wissen aus vielen Studien, dass die tatsächlichen Kosten deutlich höher liegen. Längst überfällig sind sowohl die Abschaffung der Zuzahlungen beim schulischen Mittagessen und beim ÖPNV als auch die Verbesserungen der Zugänge zur Nachhilfe. Damit diese Leistungen aber wirklich bei allen Kindern ankommen, die einen Anspruch haben, braucht es die Einführung eines unbürokratischen „Globalantrags“.
Der Kinderzuschlag muss so ausgebaut werden, dass er alle Anspruchsberechtigten erreicht. Die längst überfälligen Verbesserungen durch die Abschaffung der Höchsteinkommensgrenze, die längere Bewilligung und die geänderte Anrechnung von Unterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss sind zu begrüßen – diese Änderungen müssen jetzt schnell kommen. Damit jedoch die geringe Inanspruchnahme von unter 40 Prozent erhöht werden kann, muss der Kinderzuschlag künftig automatisch ausgezahlt werden. Entscheidend ist für uns auch, dass der Kinderzuschlag zusammen mit dem Kindergeld das sächliche Existenzminimum von Kindern in voller Höhe absichert. Dazu braucht es eine fortlaufende Dynamisierung der Leistung in Abhängigkeit von der Höhe des kindlichen Existenzminimums.

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