Hartz-IV: Mehr als jeder Zehnte erwerbsfähige Leistungsberechtigter in Herne von Kürzungen des Existenzminimums betroffen

Jobcenter Herne wieder „Spitze“ beim Kürzen des Existenzminimums für unter 25-Jährige

Im Berichtsjahr November 2017 bis Oktober 2018 mehr Sanktionen in Herne als in Bochum

Mehr als jeder Zehnte erwerbsfähige Leistungsberechtigter in Herne von Kürzungen des Existenzminimums betroffen

In den vergangenen Tagen gab es in Deutschland eine Diskussion über die öffentlichen Erklärungen der Bundesagentur für Arbeit zur Sanktionspraxis. In ihren Medienmitteilungen spricht die Agentur bezüglich der Häufigkeit von Sanktionen im Hartz-IV-Bezug von rund 3 Prozent aller Leistungsbezieher. Angesichts der von der Bundesagentur veröffentlichten Zahlen darf man ruhig und entspannt feststellen, dass die Presseverlautbarungen das Ausmaß der Strafaktionen sprich Sanktionen mehr als verharmlosen.

Die jetzt veröffentlichten Zahlen der Bundesagentur bis zum Monat Oktober 2018 belegen, dass z.B. die Betroffenenquote in Herne 10,5 Prozent beträgt. Die Anzahl der „Erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ gegen die im Berichtsjahr (November 2017 bis Oktober 2018) mindestens eine Sanktion neu ausgesprochen wurde, beträgt in Herne 1.747 Menschen. Im Vergleich zum gesamten Bestand der „Erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ von 16.638 macht das eine Quote von 10,5 Prozent. Mehr als jedem zehnten Leistungsberechtigten im Hartz-IV-Bereich wird in Herne das Existenzminimum gekürzt.

Mit diesem Ausmaß von Sanktionen liegt das Jobcenter Herne über dem aktuellen Bundesdurchschnitt von 10,1 Prozent. Die allgemeine Vergleichszahl für Nordrhein-Westfalen beträgt 8,7 Prozent. Die Städte Gelsenkirchen und Bochum weisen eine Quote von 8,7 bzw. 6,4 Prozent auf. Dieser Unterschied ist schon signifikant.

Auffällig auf den ersten Blick ist, dass der Vergleich von Herne mit Bochum zeigt, dass im Bereich des Jobcenters Herne mehr Sanktionen im Berichtszeitraum als in Bochum verhängt wurden. Die Anzahl im Berichtsjahr neu festgestellter Sanktionen lag in Herne bei 4.991 Maßnahmen, in Bochum bei 4.503 Maßnahmen. Die Anzahl der „Erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ gegen die im Berichtsjahr mindestens eine Sanktion neu ausgesprochen wurde betrug in Herne 1.747 Personen und in Bochum 2.005 Personen.

Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit weist auch die Gründe für die Kürzungen des  Existenzminimums auf.

In Herne sind es – wie überall – am häufigsten Meldeversäumnisse zu 85,2 Prozent (Bund: 76,6 % / NRW 77,3 %).

Im Bereich der Leistungskürzungen belegt das Jobcenter Herne einen negativen Spitzenplatz, besonders bei jungen Menschen unter 25 Jahren.

Die durchschnittliche Höhe der Kürzungen durch Sanktion in Euro (bezogen auf alle „Erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ mit mindestens einer Sanktion) beträgt in Herne 19,1 Prozent oder 114,72 Euro. Damit liegt das Jobcenter Herne etwas über dem Bundes- und Landesdurchschnitt (18,7% und 109,32 Euro / 17,9% und 103,85 Euro).

Bei den jungen Leuten unter 25 Jahren wird vom Jobcenter Herne richtig zugelangt, wenn Kürzungen des Existenzminimums anstehen.

Die Leistungskürzung durch Sanktion bei den unter 25-Jährigen beträgt in Herne durchschnittlich 35,3 Prozent oder 157,80 Euro. Im Vergleich dazu folgende Durchschnittszahlen: Gelsenkirchen 25,2 % und 110,39 Euro, Bochum 22,9 % und 117,55 Euro, Essen 11,3 % und 50,37 Euro. Die Vergleichszahlen für den Bund und NRW lauten: 27,1 % und 125,63 Euro sowie 27 % und 122,15 Euro.

In Bezug auf die Kürzungsbeträge für die unter 25-Jährigen ergibt der prozentuale Vergleich folgendes Bild:

Die durchschnittlichen Kürzungsbeträge in Herne liegen 25,6 % über dem Bundesdurchschnitt, 29,2 % über dem Landesdurchschnitt, 34,2 % über dem Vergleichswert von Bochum, 43 % über dem von Gelsenkirchen und 213 % über dem durchschnittlichen Kürzungsbetrag der Stadt Essen.

Mit diesen Werten bewegt sich das Jobcenter Herne bei den Strafaktionen für unter 25-Jährige in der Spitzengruppe von Nordrhein-Westfalen. Die Bandbreite der durchschnittlichen Kürzungsbeträge in NRW bewegt sich zwischen 50,37 Euro (Essen) und 207,75 Euro (Mülheim an der Ruhr). Die Bandbreite der durchschnittlichen prozentualen Kürzungen in NRW liegt zwischen 11,3 % in Essen und 48 % im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Angesichts solcher Unterschiede im Verwaltungshandeln einer Bundesbehörde muss die Frage nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung gestellt werden, ganz abgesehen von der Frage nach der wahrscheinlichen Verfassungswidrigkeit der Kürzungen des Existenzminimums.

Diese neuen Zahlen für das Jobcenter Herne verdeutlichen, dass hier nochmal im Interesse der Betroffenen entschieden nachgefragt werden muss, welche Ursachen für diese rigide Praxis im Jobcenter Herne maßgebend sind.

gez. Norbert Kozicki Dipl.Soz.Wiss.

teilen mit …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

88 − = 82