Über 1 Millionen Kinder und Jugendliche erhalten Unterstützungen als Hilfen zur Erziehung ! Kinder- und Jugendhilfereport 2018

Kinder- und Jugendhilfereport 2018 erschienen

Der Kinder- und Jugendhilfereport 2018 der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik im Forschungsverbund DJI/TU Dortmund ist erschienen. Danach haben Bund, Länder und Kommunen die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe innerhalb der vergangenen 10 Jahre mehr als verdoppelt. Der Report fasst aktuelle Daten und Fakten zu den Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe zusammen.

Schwerpunkt des Reports sind schutz- und asylsuchende junge Menschen. In diesem Kapitel wird vor allem der Frage nachgegangen, welche Leistungen der Jugendhilfe sie in Anspruch nehmen und wie sich einzelne Handlungsfelder der Jugendhilfe dadurch verändern bzw. welche neue Anforderungen dadurch für die Fachkräfte entstehen.

 

Über 1 Millionen Kinder und Jugendlichen erhalten Unterstützungen als Hilfen zur Erziehung !

2016: 38,7% aller neuen Hilfen zur Erziehung für junge Menschen aus Alleinerziehenden Lebensgemeinschaften

31% der Familien, der eine Hilfe gewährt wurde, im Bezug von „Transferleistungen“ (HartzIV,Wohngeld,etc.)

Lebensgemeinschaften im Bereich der Hilfen zur Erziehung wesentlich häufiger in prekären Lebenssituationen

Anstieg der finanziellen Aufwendungen von rund 6 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf 10 Milliarden Euro im Jahr 2016

Einige Auszüge aus dem Bericht zum Thema Ursachen und Verteilung der unterschiedlichen Hilfemaßnahmen

 

 

Familiensituation junger Menschen in den Hilfen zur Erziehung

 

Der Bildungsbericht 2018 verweist darauf, dass Kinder und Jugendliche, die in Alleinerziehendenhaushalten aufwachsen, überproportional häufig von finanziellen, sozialen und bildungsbezogenen Risikolagen betroffen sind (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018: 35ff.).

Bezogen auf den Familienstatus können über die derzeit vorliegenden Ergebnisse der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik vor allem Aussagen über die Situation in der Herkunftsfamilie gemacht werden. Mit Blick auf die Eltern des jungen Menschen bzw. auf den Elternteil, bei dem das Kind bzw. der Jugendliche lebt, wird zwischen zusammenlebenden Eltern, Alleinerziehenden und Elternteilen unterschieden, die mit einem neuen Partner bzw. einer neuen Partnerin zusammenleben.

Über alle Hilfearten hinweg leben 2016 38,7% der jungen Menschen, für die eine Hilfe neu begonnenen wurde, in Alleinerziehendenfamilien.

Auch wenn es naheliegend ist, dass bei Alleinerziehenden die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine besondere Herausforderung darstellt, muss zumindest auch gefragt werden, inwieweit bei ihnen in erhöhtem Maße Filter- und Zuweisungsprozesse aufseiten der Fachkräfte im ASD zum Tragen kommen. Mit Blick auf die einzelnen Hilfearten zeigen sich Unterschiede. Während Erziehungsberatung am stärksten von zusammenlebenden Eltern mit und ohne Trauschein nachgefragt wird, werden ambulante Hilfen sowie erst recht stationäre Hilfen mehrheitlich von Alleinerziehenden in Anspruch genommen (vgl. hierzu ausführlicher Fendrich/Pothmann/Tabel 2018: 19ff.). Erziehungsberatungen erhalten demnach 2016 in 44% der Fälle zusammenlebende Eltern (ohne Abb.).

Im Vergleich dazu fällt der Anteil dieser Familienform in den Hilfen zur Erziehung (ohne Erziehungsberatung) mit 25% wesentlich geringer aus. Hier werden in mehr als 40% der Fälle Hilfen für Alleinerziehende gewährt. Der Anteil der Alleinerziehenden beträgt bei den ambulanten Hilfen 45%. Hilfeartspezifisch zeichnet sich ein unterschiedliches Bild bei der Verteilung der Familienformen ab. Unter dem besonderen Fokus der Alleinerziehenden ist diese Gruppe in ambulanten Hilfesettings mit 39% anteilig am geringsten bei der Sozialen Gruppenarbeit vertreten, während der höchste Anteil in Sozialpädagogischen Familienhilfen anzutreffen ist (51% ).

Bei stationären Hilfen wird 2016 ein Anteil von 32% an Alleinerziehendenfamilien gemessen. Dieser Wert hat sich im Vergleich zu den Vorjahren erheblich verringert; 2014 war er mit 48% ähnlich hoch wie bei den ambulanten Hilfen. Stattdessen sind Lebensumstände, bei denen die Eltern junger Menschen verstorben oder unbekannt sind, in den letzten Jahren mehr in den Fokus gerückt, betreffen sie doch mittlerweile mit 35% den größten Teil aller stationären Hilfen. Bei neu gewährten Heimerziehungen liegt dieser Anteil sogar bei 40% und ist gegenüber 2014 um 10 Prozentpunkte gestiegen. Es ist davon auszugehen, dass diese Veränderungen auf die zuletzt deutlich größer gewordene Gruppe der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen (UMA) und deren Familiensituation zurückgehen, die oftmals unbekannt bzw. ungeklärt ist.

Familien in prekären Lebenslagen in den Hilfen zur Erziehung

Sozioökonomisch belastende Lebenslagen und damit einhergehende ökonomische Ungleichheiten mit der Folge von sozialen Ausgrenzungsprozessen können sich auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, aber auch das Erziehungsverhalten von Eltern auswirken. Wenn auch noch nicht umfassend erforscht, so sind in diesem Zusammenhang doch die Folgen von prekären Lebenslagen auf Bildungserfolg, Arbeitslosigkeit, Gesundheit, Freizeitgestaltung, delinquentes Verhalten, Sozialkontakte oder auch familiäres Zusammenleben bis hin zu Erziehungsstilen und Kindesvernachlässigungen belegbar (vgl. zusammenfassend Rauschenbach/Züchner 2011).

In der KJH-Statistik kann der Bezug von monetären Transferleistungen als Kennzahl für prekäre Lebenslagen abgebildet werden. Im Ergebnis bestätigen die Daten auf der Ebene der Einzelfälle die Hypothese, dass es einen Zusammenhang von Armutslagen und einem erhöhten Bedarf an Hilfen zur Erziehung gibt.

Anders formuliert: Adressat(inn)en der Hilfen zur Erziehung sind überdurchschnittlich von sozioökonomisch prekären Lebenslagen betroffen (vgl. Fendrich/Pothmann/Tabel 2018: 21ff.). Die Auswertungen der amtlichen Statistik zeigen, dass 31,0% der Familien, denen 2016 eine erzieherische Hilfe neu gewährt wurde, auf Transferleistungen angewiesen sind (ohne Abb.). Betrachtet man nur die über den ASD organisierten Hilfen, steigt der Anteil auf 51%. Im Unterschied dazu ist bei der Erziehungsberatung lediglich knapp jede fünfte Familie von Transferleistungen betroffen. Differenziert nach einzelnen Hilfearten der über den ASD organisierten Hilfen variiert die ausgewiesene Gesamtquote 2016 zwischen 33% (intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung) und 64% (Vollzeitpflege).

Im ambulanten Hilfesetting ist für die Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) mit 63% der höchste Anteil festzustellen. Vergleicht man ferner die Anteile der Hilfeempfangenden mit Transferleistungsbezug mit denjenigen in der Gesamtbevölkerung, die eine Mindestsicherung erhalten, so wird insbesondere die sozioökonomisch prekäre Lebenslage von Empfangenden erzieherischer Hilfen, die über den ASD organisiert werden, erkennbar: Während immerhin 51% der Familien, die eine erzieherische Hilfe (ohne Erziehungsberatung) in Anspruch nehmen, gleichzeitig auf Transferleistungen angewiesen sind, er-halten nur 10% der Gesamtbevölkerung Leistungen der Mindestsicherung.Bei Alleinerziehenden und ihren Kindern, die erzieherische Hilfen in Anspruch nehmen, ist der Anteil der Transfergeldbeziehenden noch höher. So sind 2016 68% dieser Adressat(inn)engruppe zu Beginn der Hilfe auf staatliche finanzielle Unterstützung angewiesen. Das sind etwa 17 Prozentpunkte mehr als für die Adressat(inn)en von erzieherischen Hilfen insgesamt. Im ambulanten Leistungsspektrum ist der Anteil der Alleinerziehenden, die Transferleistungen erhalten, mit 73% bei der SPFH am höchsten. Im Bereich der stationären Hilfen weist die Vollzeitpflege mit ca. 79% den höchsten Anteil auf. Bei einzelnen Hilfearten zeichnen sich aktuell mitunter größere Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr ab. So ist etwa der Anteil der Familien, die Transferleistungenbeziehen, bei den neu gewährten stationären Hilfen zwischen 2015 und 2016 zurückgegangen, und zwar sowohl bei der Vollzeitpflege als auch bei der Heimerziehung um 6 Prozentpunkte. Bei der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung sank der Anteil sogar um 8 Prozentpunkte. Auch hier ist davon auszugehen, dass sich hinter dieser Entwicklung der Anstieg von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen in den Hilfen verbirgt, zu denen eine eindeutige Auskunft zur sozioökonomischen Situation der Herkunftsfamilie unter Umständen nicht möglich ist (vgl. ausführlicher Fendrich/Pothmann/Tabel 2018: 21ff.).

 

 

Zentrale Ergebnisse zu Inanspruchnahme und Adressat(inn)en

Über 1 Million junge Menschen und deren Familien erhalten Unterstützung durch Hilfen zur Erziehung. Die Zahl der in Anspruch genommenen erzieherischen Hilfen steigt seit Jahren.

Vor allem stationäre Hilfen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen.•Ambulante Leistungen werden häufiger von (jüngeren) Kindern und ihren Familien in Anspruch genommen. In den stationären Hilfen sind erheblich mehr Jugendliche als Kinder zu finden.

Hilfen zur Erziehung werden eher von Familien in prekären Lebenslagen in Anspruch genommen, vor allem bei Transfergeldbezug, bei alleinerziehenden Personen und bei Familien mit Migrationshintergrund .

Der komplette Bericht hier:

https://shop.budrich-academic.de/wp-content/uploads/2019/01/9783847413400.pdf?v=3a52f3c22ed6

 

Und hier die finanziellen Aufwendungen für Nordrhein-Westfalen:

 

 

teilen mit …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

+ 76 = 82