53 % der Herner Kinder fühlen sich „unwohl“ – Studie hat enormen Handlungsbedarf gezeigt – Welche Maßnahmen sind seit 2017 in Herne zur Verbesserung der Situation von Kindern durchgeführt worden ?
Vor zwei Jahren wurde in Herne eine Studie zum Thema des körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens von Kindern und Jugendlichen durchgeführt.
Wir fragen die Herner Politik:
Was ist in den vergangenen zwei Jahren – ausgehend von der UWE-Studie – in Herne verwirklicht worden ?
Welche Maßnahmen wurden konkret durchgeführt, um das Wohlbefinden von Herner Kindern und Jugendlichen zu verbessern ?
Welche Rolle haben dabei die unten zitierten Handlungsempfehlungen der Sozialforscher gespielt ?
Umwelt, Wohlbefinden und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Herne (UWE-Studie)
Erstmalig wurden in einem Kooperationsprojekt zwischen dem Kommunalen Bildungsbüro der Stadt Herne und dem „Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung“ (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum Kinder und Jugendliche in den Klassen 7 und 9 zu ihrem körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefinden befragt. In dem Pilotprojekt UWE erhalten Kinder und Jugendliche eine Stimme und eine Möglichkeit den Erwachsenen in ihren sozialen Lebensräumen mitzuteilen, wie ihre Erfahrungen innerhalb und außerhalb der Schule sind.
Die Ergebnisse der UWE-Studie liefern den zahlreichen Bildungsakteuren und der Politik in Herne einerseits Informationen über die Lebenserfahrungen der Heranwachsenden und andererseits steuerungsrelevantes Wissen. Die vorliegenden Ergebnisse ermöglichen, die kleinräumigen Umgebungen, in denen Kinder ihren Alltag verbringen, möglichst optimal zu gestalten. Ein zentrales Anliegen der erstmaligen Durchführung des Pilotprojektes ist die Verbesserung der Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen in Herne.
Aus dem vorliegenden Ergebnisbericht lassen sich praktische Ansätze für Veränderungen ableiten, denn durch UWE ergeben sich Gesprächsanlässe mit lokalen Partnern vor allem aus dem Sozial- und Bildungsbereich und aus anderen Bereichen. Im Sinne einer gemeinsamen kommunalen Verantwortungsgemeinschaft ergeben sich wichtige Impulse, um gemeinsame Handlungsstrategien in lokalen Netzwerken voranzubringen.
UWE-Wohlbefinden-Index
Das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen steht bei UWE im Fokus. Es wird als Vorhandensein von positiven Emotionen und Kognitionen sowie der Abwesenheit von negativen Emotionen, Kognitionen und Beschwerden definiert. Wohlbefinden ist somit das Resultat kognitiver Erfahrungen und emotionaler Erlebnisse. Der UWE-Wohlbefinden-Index basiert auf fünf Konstrukten der sozialen, emotionalen und gesundheitlichen Entwicklung:
Optimismus, Selbstwertgefühl, Glücksempfinden, Abwesenheit von Traurigkeit und der allgemeine Gesundheitszustand. Jedes Konstrukt ist eine Skala, die sich aus mehreren erhobenen Fragen zusammensetzt.
Ein Teenager wird bereits dann dem niedrigen Wohlbefinden zugeordnet, wenn bei einer einzigen Dimension ein niedriger Wert vorliegt. Niedriges Wohlbefinden umfasst also nicht nur extreme Fälle, sondern auch Kinder und Jugendliche, die ein durchschnittliches oder sogar überdurchschnittliches Wohlbefinden aufweisen, wenn das Wohlbefinden als Mittelwert der fünf Konstrukten gebildet würde. Damit wird deutlich, dass niedriges Wohlbefinden das breite Potenzial für Verbesserungen des Wohlbefindens darstellt.
Ergebnisse 2017/18
16% der Herner Kinder und Jugendlichen berichten, dass sie sich umfassend wohl fühlen und es ihnen (mit hohem Wohlbefinden) gut geht.
Rund ein Drittel ist dem mittleren Wohlbefinden zugeordnet.
Auf der anderen Seite beschreibt mit 53% etwa die Hälfte der Teenager ihr Wohlbefinden als niedrig.
Dieses Ergebnis sollte zum Anlass genommen werden, das Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen in Herne zu verbessern.
Download
Alle Ergebnisse im stadtweiten UWE-Bericht finden Sie hier : https://www.herne.de/PDF/Bildung/Stadtbericht_Herne_2017.pdf
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN der UWE-Studie
Auch wenn sich Wohlbefinden aus fünf Konstrukten speist, sind Kinder und Jugendliche mit niedrigem Wohlbefinden vor allem unglücklich und traurig.
- Die fünf Ressourcen hängen unterschiedlich stark mit Wohlbefinden zusammen. Allerdings lässt sich daraus nicht ableiten, ob eine der Ressourcen in besonderem Maße zu fördern ist. Denn die Unterschiede in den Zusammenhangsstärken sind eher marginal und die Wahrscheinlichkeit guten Wohlbefindens erhöht sich linear mit jeder verfügbaren Ressource. Es sind also alle fünf Ressourcen gleichermaßen in den Blick zu nehmen.
- Allerdings sind die Ressourcen in einem deutlich unterschiedlichen Maße verfügbar. Das größte Steigerungspotenzial haben die Beziehungen zu Erwachsenen in der Familie, in der Schule und in der Nachbarschaft, gefolgt von Ernährung und Schlaf (gemeint sind regelmäßiges Frühstücken, regelmäßige Mahlzeiten mit den Eltern und guter Schlaf) sowie positive Schulerfahrungen (gemeint sind respektvoller Umgang und gegenseitige Unterstützung).
- Kinder aus allein Erziehenden Familien sind in besonderem Maße unterstützungswürdig.
- Unterstützungsmaßnahmen zur Entwicklung der genannten Ressourcen und des Wohlbefindens sind nicht nach Schultypen zu unterscheiden, wohl aber nach einzelnen Schulen.
- Sozialräumliche Variationen im Wohlbefinden sind im Verhältnis zu individuellen Variationen verschwindend gering. Unterstützungsmaßnahmen zur Entwicklung des Wohlbefindens auf bestimmte Ortsteile oder bestimmte statistische Bezirke zu fokussieren, wird vergleichsweise wirkungslos bleiben.