„Von den 52 Berufsgattungen, die laut einer BA-Erhebung »Engpässe« bei Fachkräften hätten, liegt das mittlere Entgelt bei 26 Gruppen unter jenem Wert.“

Viele Fachkräfte schlecht bezahlt

Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen unterdurchschnittliches Lohnniveau auf
Von Marc Bebenroth  jw 25.2.2020
Die IG Bauen, Agrar, Umwelt fordert 6,8 Prozent mehr Lohn für die rund 850.000 Beschäftigten – auch, damit die nicht die Branche wechseln

Erneut bestätigt sich, was im Grunde jedem klar sein dürfte: In der Bundesrepublik bewahrt eine Fachausbildung nicht vor Ungleichbehandlung bei der Bezahlung. Dabei zeigt sich jedoch, dass die Kapitalseite in der Praxis von sogenannten Marktmechanismen nichts wissen will und trotz ständiger Warnungen vor dem »Fachkräftemangel« Beschäftigte oft nur unterdurchschnittlich entlohnt.

So liegt das Einkommen in mehreren sogenannten Mangelberufen einige Hundert Euro unter dem mittleren Lohn aller Fachkräfte. Dies geht aus der Antwort der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann (Die Linke) hervor, über die die Deutsche Presseagentur am Montag berichtete. Das mittlere Einkommen für sozialversicherungspflichtig vollzeitbeschäftigte Fachkräfte betrug demnach zuletzt 3.052 Euro (vor Steuern) im Monat. Von den 52 Berufsgattungen, die laut einer BA-Erhebung »Engpässe« bei Fachkräften hätten, liegt das mittlere Entgelt bei 26 Gruppen unter jenem Wert.

Am wenigsten erhalten monatlich dem Bericht zufolge mit durchschnittlich 1.826 Euro brutto Fußpflegerinnen und -pfleger. 74,7 Prozent bekämen nur einen Niedriglohn gezahlt, wobei der unter einer Schwelle von 2.203 Euro (Stand 2018) liege. Besonders niedrig sei das Durchschnittsentgelt auch bei Berufen in der Fleischverarbeitung mit 2.123 Euro brutto und 54,4 Prozent Niedriglohnanteil. Unterdurchschnittlich bezahlt werde ebenfalls in der Hörgeräteakustik mit 2.346 Euro, in der Bodenverlegung mit 2.410 Euro sowie in der Überwachung und Wartung der Eisenbahninfrastruktur mit 2.465 Euro. Bei Berufen in der Physiotherapie seien es 2.376 Euro.

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Laut der jüngsten Analyse der Bundesagentur zur Fachkräfteengpässen zeige sich der Mangel an entsprechendem Personal vor allem in Bauberufen, im Gesundheits- und Pflegebereich und in einigen technischen Berufsfeldern. In technischen Berufen liegt der Lohn im Mittel allerdings oft bei mehr als 4.000 Euro. Bei Ärzten sind es mehr als 5.000 Euro.

Und so fordert die IG Bauen, Agrar, Umwelt in der aktuellen Tarifauseinandersetzung im Bauhauptgewerbe 6,8 Prozent mehr Lohn für die rund 850.000 Beschäftigten – die Verhandlungen beginnen am 19. März in Berlin. Es gebe einen ungebrochenen Bauboom und die Auftragsbücher der Unternehmen seien voll, erklärte Carsten Burckhardt, Vorstandsmitglied der IG BAU und zugleich Verhandlungsführer, laut Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. »Wenn der Bau wieder Konjunkturlokomotive ist, ist es nicht zu viel verlangt, dass die Bauarbeiter und Bauarbeiterinnen diese Entwicklung in ihren Portemonnaies spüren.« Burckhardt erklärte zudem, dass Fachkräfte oft in andere Branchen abwandern würden, was auch an der häufig viel besseren Bezahlung in anderen Wirtschaftszweigen liege.

Entsprechend argumentierte auch die Linken-Abgeordnete Zimmermann angesichts der Antwort auf ihre Anfrage, dass die Unternehmen in vielen Berufen den von ihnen lautstark beklagten »Fachkräftemangel« selbst verursacht hätten. Zimmermann verwies laut dpa-Bericht vom Montag auf die unattraktiv niedrige Bezahlung, für die »offensichtlich zunehmend mehr Menschen nicht arbeiten« wollten. »Bei den Arbeitgebern muss endlich ein Umdenken stattfinden«, sagte die Abgeordnete. Nur »gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen« sicherten Arbeits- und Fachkräfte.

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