Herner Sozialforum

„Betroffen sind auch ausgerechnet diejenigen, die eben noch als Helden des Alltags gefeiert wurden.“

Aufstocker in Herne:

Dezember 2015   3.544

SV-Beschäftigte   1.387

Dezember 2019   3.645

SV-Beschäftigte   1.863

Anstieg der Aufstocker bei den SV-Beschäftigten in Herne: 34,2 %

Mindestlohn: Eine Million Menschen müssen ihren Lohn „aufstocken“

Von wegen Helden des Alltags: Reinigungskräfte oder Lebensmittelverkäufer verdienen oft so wenig, dass sie zusätzlich zum geringen Lohn Arbeitslosengeld II bekommen.

Vor allem Beschäftigte im Einzelhandel und Reinigungskräfte verdienen so wenig, dass sie zusätzlich zu ihrem Lohn Anspruch auf Arbeitslosengeld II – umgangssprachlich Hartz-IV genannt – haben. Das hat eine Sonderauswertung der Bundesarbeitsagentur ergeben, die die Arbeitsmarktexpertin der Linkspartei, Sabine Zimmermann, angefordert hat.

„Betroffen sind auch ausgerechnet diejenigen, die eben noch als Helden des Alltags gefeiert wurden“, sagte Sabine Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur.

Insgesamt rund eine Million Menschen in Deutschland müssen ihr Einkommen mit Hartz IV aufstocken, weil es so niedrig ist, dass es nicht zum Leben reicht. Das sei nicht hinnehmbar, sagte Zimmermann.

Ungelernte besonders betroffen

Unter den 656.000 Reinigungskräften der unteren Qualifikationsstufe „Helfer“ müssen demnach 10,1 Prozent aufstocken. Das ist doppelt so viel wie der Durchschnitt aller Berufe. In der Kategorie Helfer, also den ungelernten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, müssen im Schnitt fünf Prozent ihren Lohn aufstocken.

Aber auch den gelernten Fachkräften zahlen Reinigungsfirmen offensichtlich sehr wenig. 7,8 Prozent der Reinigungsfachkräfte beziehen ergänzend Hartz IV – verglichen mit 1,6 Prozent bei Fachkräften aller Berufe.

Auffällig hohe Anteile mit zusätzlichen Hartz-IV-Zahlungen gab es laut der Auswertung auch bei Helferinnen im Lebensmittelverkauf (13,5 Prozent) und in der Speisenzubereitung (9,9 Prozent). Im Bereich Körperpflege waren es sogar 22,7 Prozent. Die Zahlen beziehen sich dabei nicht auf die aktuelle Situation während Corona, für die Auswertung nutzte die Arbeitsagentur Angaben aus dem Jahr 2018.

Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde

Zimmermann sagte, betroffen seien Menschen in allen Lebensformen, auch Alleinstehende und Paare ohne Kinder. „Gute tarifliche Bezahlung muss endlich zum Standard werden.“ Nötig seien zudem etwa ein höherer Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde und ein Rechtsanspruch auf eine Mindestwochenarbeitszeit, verbunden mit strikten Zeitkontrollen.

„Denn zu viele Beschäftigte werden unfreiwillig mit Teilzeitverträgen abgespeist, um sie flexibler einsetzen zu können, arbeiten aber faktisch dann doch unbezahlt länger“, kritisierte Zimmermann. Gerade in der Pandemie werde auch klar, dass Minijobs nicht existenzsichernd seien. „Sie müssen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden.“

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