Statistische Tricksereien zur Kleinrechnung der Hartz-IV-Regelbedarfe

Thomé Newsletter 25/2020 vom 26.07.2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:

1. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie die viel zu niedrigen Hartz IV – Regelbedarfe vom BMAS kleingerechnet werden

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Der Gesetzentwurf zum neuen Regelbedarfsermittlungsgesetz (Regelbedarfe für das Jahr 2021) zeigt deutlich, wie mit Statistiktricksereien die Regelbedarfe kleingerechnet werden.

Vorliegend wird nicht berücksichtigt, was z.B. ein  Kaffee, getrunken in einem Café, kosten würde, sondern nur der Warenwert des Kaffees, also die Kosten für Pulver, Wasser usw., also nicht der Preis, was ein Kaffee im realen Leben kostet. Also die Kosten werden auf 31,1 %, noch nicht einmal 1/3, gekürzt.

Mit solchen Statistiktricksereien werden die Regelbedarfe gezielt kleingerechnet. Diese Trickserei ist die Fortführung der systematischen Bedarfsunterdeckung, um die Leistungsbeziehenden entweder in den Niedriglohn zu hungern oder um sie frühzeitig als nicht mehr zur Arbeitsausplünderung benutzbar ableben zu lassen.

Hier geht es zum Gesetzestextentwurf und zur Anlage er Herleitung der Regelbedarfe: https://t1p.de/hgll

Aus der Gesetzesbegründung:

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag die Rohertragsquote der Gastronomie (Wirtschaftszweignummer 08-56) im Jahr 2017 bei 68,7 Prozent und damit die Wareneinsatzquote bei 31,3 Prozent. Deshalb werden 31,3 Prozent der Verbrauchsausgaben dieser Positionen als regelbedarfsrelevant berücksichtigt (Statistisches Bundesamt, Genesis-Onlinedatenbank; Tabelle 45342-0001, Unternehmen, Beschäftigte, Umsatz und weitere betriebs- und volkswirtschaftliche Kennzahlen Gastgewerbe (Zahlen für 2018 frühestens ab August 2020)“(S. 32, 2 Abs) Hier direkt zum Download: https://t1p.de/lh7w

Kurzbemerkung dazu: Da ja die Leistungsbeziehenden es vorziehen, sich eher nicht zur Wehr zu setzen und auf die Straße zu gehen, bleibt zu hoffen, dass diese wirklich miese Statistikmanipulation wenigstens mal von den Obergerichten gekippt wird und die Untergerichte bis dahin der Aufforderung des BVerfG aus dem Regelbedarfsurteil folgen und bei Unterdeckungen verfassungskonforme Auslegungen wagen. Punkte gäbe es genug, Schulbedarfe und digitale Teilhabe von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen sind nur ein Teil davon.

Stellungnahme und Kritik vom DPWV: https://t1p.de/9jun

Stellungnahme der Diakonie zu den Regelbedarfen: https://t1p.de/gvrw

2. SG Mannheim: Schulcomputer muss als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB übernommen werden

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Das SG Mannheim hat entschieden, dass ein Grundsicherungsempfänger, der die Oberstufe eines Gymnasiums besucht, Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Computers oder Laptops als Mehrbedarf hat.

Nach Auffassung des Sozialgerichts steht dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen für die Anschaffung zur Erfüllung der schulischen Anforderungen nach § 21 Abs. 6 SGB II analog zu. Ein direkter Anspruch aus dieser Norm scheitere jedoch daran, dass es sich bei den Kosten nicht um einen laufenden Bedarf handele. Die Ausstattung eines Schülers der gymnasialen Oberstufe mit einem solchen elektronischen Gerät gehöre bei Leistungsempfängern nach dem SGB II zu dem von staatlicher Seite zu gewährenden Existenzminimum. Allerdings bestehe im Normengefüge des SGB II eine planwidrige Regelungslücke, deren Schließung eine analoge Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II notwendig mache. Aus keiner der Anspruchsgrundlagen des SGB II ergebe sich ein direkter Anspruch des Klägers auf Gewährung der Kosten.

Mehr dazu hier: https://t1p.de/e917

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