Kürzung der Militärausgaben zum Zweck der Finanzierung der Folgen der Corona-Krise

Zur Erinnerung an die Abstimmung im Bundestag im Mai 2020:

 

1. April 2021 Otto König/Richard Detje: Ostermarsch 2021 – Atomwaffenverbot umsetzen, abrüsten, Klima schützen

Sozialismus Hamburg

Trotz Pandemie: Rüstungsausgaben in Rekordhöhe

Die Corona-Pandemie offenbart fahrlässiges staatliches Handeln zu Lasten der Bevölkerung. Während die Rüstungs- und Militärausgaben Deutschlands für 2020 gegenüber der NATO zuletzt auf rund 51,39 Mrd. € beziffert worden sind, waren im Bundeshaushalt für die Gesundheit zunächst nur 15 Mrd. vorgesehen.

Dabei ist aufgrund des Verlaufs der Covid-19-Pandemie offensichtlich, dass die Steuergelder im Gesundheitswesen dringender benötigt werden. Während die Menschen gebannt, aber auch überdrüssig – auf Corona-Statistiken, Impfpläne, Vorschriften für Beschränkungen – schauen, kämpfen die Propagandisten der Militarisierung offensiv dafür, das Ziel weiterer Aufrüstung keineswegs sozialen, gesundheitlichen oder ökologischen Notwendigkeiten zu opfern.

Der erste Corona-Schock im Frühjahr 2020 war noch nicht verwunden, da hoben schon die Mahner ihre Finger: Angesichts der zu erwartenden Kosten für die Bewältigung der Corona-Krise dürften die Etatplanungen des Verteidigungsministeriums nicht in Frage gestellt werden. Der transatlantische Rüstungslobbyist, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, erinnerte die NATO-Alliierten an ihren Beschluss, mehr für die Verteidigung auszugeben, da wir »in einer unsicheren, weniger berechenbaren Welt leben«. Er erwarte die Einhaltung der »Selbst-Verpflichtungen«, das »2%-Ziel« der NATO möglichst schnell zu erreichen.[1] Deutschland müsse nicht nur an der nuklearen Teilhabe festhalten, sondern auch dafür stehen, die Militärausgaben auf einem »gesunden Wachstumskurs« zu halten.

Kein Wunder, dass erste zaghafte Forderungen nach Kürzung der Militärausgaben zum Zweck der Finanzierung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise Rüstungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) umgehend auf den Plan riefen. Die Oberbefehlshaberin der Bundeswehr macht sich keine Sorgen um die Bevölkerung, sondern um den militärisch-industriellen Komplex, der unter einem schrumpfenden Etat für die Rüstungsgüterbeschaffung »leiden« könnte.

Mit dem Hinweis, »wenn wir über große Rüstungsprojekte reden, reden wir auch über nationale Industriepolitik«, verwies AKK auf die Bedeutung großer Rüstungsprojekte für die Wirtschaft: Es mache keinen Sinn, die Wirtschaft durch große Konjunkturpakete zu stabilisieren, und dort, wo der Staat selbst Auftraggeber ist, wie im Sektor Rüstung, Aufträge zurückzuziehen und damit dazu beizutragen, dass Arbeitsplätze gefährdet werden.

Schon im November 2019 hatte die Ministerin in einer Grundsatzrede ausgeführt: »Ein Land unserer Größe und unserer wirtschaftlichen und technologischen Kraft, ein Land unserer geostrategischen Lage und mit unseren globalen Interessen, das kann nicht einfach nur am Rande stehen und zuschauen.« Dafür müsse das Spektrum militärischer Mittel ausgeschöpft werden. Dass die Bundeswehr angesichts aktueller Bedrohungen umfassend modernisiert werden müsse, ist nun im Positionspapier »Gedanken zur Zukunft der Bundeswehr« nachzulesen, das AKK und Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn jüngst gemeinsam veröffentlicht haben.

Seit den 1990er Jahren hatte die Bundesregierung das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr zunächst auf Auslandseinsätze vorrangig in Nah- und Mittelost und in Afrika ausgerichtet, seit 2014 – Übernahme der Krim in die Russische Föderation – erfolgt eine strategische Umorientierung auf einen Konflikt mit Russland. Als strategische Konkurrenten benennt das Papier deshalb Russland und China. Russland definiere sich als »Gegenmacht zum Westen« und habe seine »militärischen und politischen Drohungen in jüngster Zeit verschärft und internationale Verträge wissentlich verletzt«. Daraus ergäben sich »sehr konkrete Bedrohungen für Deutschland«. Von punktueller Kooperation mit Russland ist keine Rede mehr.

Und nicht zuletzt sei eine klare Positionierung gegenüber der Volksrepublik China, dem »machtvollen und immer häufiger sichtbar ausgreifenden Akteur«, notwendig. Und sei es mit einer an koloniale Zeiten erinnernden »Kanonenbootpolitik« im Südchinesischen Meer. Die Region wird zum neuen Operationsgebiet der Bundeswehr. Das erinnert an die Struck’sche Parole »Deutschland müsse am Hindukusch verteidigt werden«, jetzt also im Indo-Pazifik.

Da muss es doch einleuchten, dass die Bundeswehr »einen weiter steigenden und verlässlich planbaren Verteidigungshaushalt« benötigt. In den veröffentlichten Eckwerten des Bundeshaushalts ist einmal mehr eine saftige Steigerung des Militäretats für 2022 vorgesehen. Für das neue Jahr sind rund 47 Mrd. € für die Bundeswehr vorgesehen – rund 1,8 Mrd. mehr als im Jahr 2020 mit rund 45,2 Mrd. €. Danach soll der Wehretat gesenkt werden – 2023: 46,33 Mrd. €; 2024: 46,15 Mrd. € und 2025: 45,73 Mrd. €. Entscheidend ist bei den Eckwerten aber immer nur das kommende Jahr, und für das wurden verlässlich deutliche Steigerungen eingepreist – die für die späteren Jahre angekündigten Kürzungen dürften dann ebenso zuverlässig wie bisher wieder einkassiert werden.

Die Zahlen geben die Militärausgaben allerdings nicht vollständig wieder, zum einen, weil Ausgaben aus dem Wehretat herausgerechnet werden, die eigentlich hineingehören, wie die Ausgaben für die Wehrbeauftragte der Bundeswehr oder Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte im Bundesgebiet, so beispielsweise die Stationierungskosten der US-amerikanischen Truppen. Zum anderen hatte die Bundesregierung im Jahr 2020 dem NATO-Hauptquartier in Brüssel Rüstungs- und Militärausgaben in Rekordhöhe gemeldet: 53,03 Mrd. €, was einer Steigerung um 3,2% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Damit entsprachen die Militärausgaben einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 1,57% – nach 1,36% im Jahr 2019.

Auch die globalen Aufwendungen für das Militär sind trotz wirtschaftlicher Rezession im vergangenen Jahr erneut gestiegen und haben einen Rekordwert von 1,83 Billionen US-$ erreicht, so der Rüstungsbericht »The Military Balance 2021« des Londoner International Institute for Strategic Studies (IISS). Die 30 Länder des selbsternannten »westlichen Wertebündnisses« NATO stehen für mehr als 60% aller Militärausgaben weltweit. Mit 785 Milliarden US-$ lag das Budget des größten NATO-Landes USA fast vier Mal höher als das von China (193,3 Mrd. US-$) und mehr als zwölf Mal höher als das von Russland (60,6 Mrd. US-$). Die europäischen Bündnismitglieder und Kanada steigerten ihre Rüstungsetats im Jahr 2020 überdurchschnittlich um 3,9% auf 323 Mrd. US-$.

Insgesamt steckten elf NATO-Staaten über 2% ihrer Wirtschaftsleistung in ihre Streitkräfte. Unter den europäischen NATO-Ländern war laut IISS zuletzt Großbritannien mit Verteidigungsausgaben in Höhe von 61,5 Mrd. US-$ die Nummer eins. Es folgen Frankreich mit 55 Mrd. und Deutschland mit 51,3 Mrd. US-$. Zusammen geben sie immerhin noch fast drei Mal so viel aus wie Russland.

Bei der zunehmenden Militarisierung bleiben Friedenspolitik und Konfliktvermeidung auf der Strecke. Deshalb fordern gewerkschaftliche und sozial-ökologische Organisationen in der Initiative »Abrüsten statt Aufrüsten« eine »neue Friedens- und Entspannungspolitik, ein System gemeinsamer Sicherheit und kontrollierter Abrüstung«. Sie wenden sich gegen Rüstungsexporte und bewaffnete Drohnen und sprechen sich für ein atomwaffenfreies Deutschland und die weltweite Ächtung atomarer Waffensysteme aus. Der UN-Atomwaffenverbotsvertrag muss zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland unterzeichnet und ratifiziert werden. In der Folge müssen die 20 Atomsprengköpfe in Büchel in der Eifel von deutschem Boden abgezogen und verschrottet werden!

Trotz Corona ist die Friedensbewegung auch an den diesjährigen Osterfeiertagen aktiv, wo es geht auf der Straße, aber auch online. Alle Informationen zu den Ostermärschen vom 2. bis 5. April 2021 sind zu finden unter: https://www.ostermarsch.de/

Hochrüstung, atomare Vernichtung und der Klimawandel sind die existenzbedrohenden Gefahren für die Menschheit. »Die zentralen Forderungen der Friedensbewegung in diesem Jahr sind:

  • Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen unterschreiben! Abzug der Atomwaffen aus Büchel! Keine neuen Atombomber!
  • Entspannungspolitik mit Russland, keine Militärmanöver in West und Ost – wie »Defender« und die Atomkriegsmanöver »Cold Igloo«!
  • Das Grundgesetz einhalten und keine Soldaten in Kriege und Auslandseinsätze in alle Welt schicken!
  • Bundeswehr raus aus Schulen und Jobcentern! Schluss mit der inneren Militarisierung!
  • Drohnenkrieg stoppen – US-Airbase Ramstein schließen! US-Truppenstationierungsvertrag kündigen!
  • Ächtung von Killerrobotern, weltraumgestützten Waffensystemen und bewaffneten Drohnen!
  • Keine Militarisierung der EU, keine EU-Armee!
  • Stopp aller Rüstungsexporte!
  • Festschreibung einer drastischen Reduzierung militärischer CO2-Emissionen in den deutschen und internationalen Klimaabkommen und Stopp der Ressourcenvergeudung für das Militär!

»Abrüsten statt aufrüsten! Aktiv werden für Frieden! Wir rufen auf, im Wahljahr 2021 über Ostern gemeinsam gegen Aufrüstung und Kriegspolitik, für Abrüstung, Entspannung, eine europäische Friedensordnung und zivile Konfliktlösungen zu demonstrieren«, heißt es im Ostermarsch-Aufruf.

Anmerkung

[1] Die Mitgliedstaaten des Militärbündnisses hatten sich 2014 dazu bekannt, ihre Rüstungsausgaben bis 2024 auf jeweils 2% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen.

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