Horrorszenarien aus der Rentenkommission der GROKO: Den Namen Börsch-Supan sollte man/frau sich merken !

 

»Boah krass«
493 Milliarden Euro für ein bisschen mehr Rentenniveau?

Am 19. August formulierte Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) gegenüber der Bild am Sonntag (BamS): »Wir werden darauf bestehen, dass die
Bundesregierung ein stabiles Rentenniveau auch in den Zwanziger- und Dreißigerjahren gewährleistet und ein plausibles Finanzierungsmodell vorlegt. Das hat für uns
hohe Priorität.« Seither scheint der politische Streit um Finanzierung und Leistungsniveau der Rentenversicherung neu entbrannt. Am 26. August präsentierte die Frankfurter Allgemeine Sontagszeitung (FAS) die vermeintlichen Folgekosten:

»Die Vorschläge (…) für ein stabiles Rentenniveau von 48 Prozent kosten unvorstellbare
Summen. Bis zum Jahr 2040 müssten dafür 493 Milliarden Euro aufgewendet werden (…) Das haben Berechnungen des renommierten Rentenökonomen Axel Börsch-Supan (…)
ergeben.« – Börsch-Supan ist pikanterweise eines von zehn Mitgliedern der von Arbeitsminister Heil eingesetzten unabhängigen Rentenkommission.

 

Bei den seither in der Öffentlichkeit kursierenden 493 Milliarden Euro handelt es sich um die kumulierte Summe der modellhaft berechneten Mehrkosten eines bis 2040 bei 48 Prozent stabilisierten Rentenniveaus – ein Betrag, der auf den Bauch und nicht auf den Kopf des Publikums zielt. Unter der Annahme, dass die Zusatzkosten ausschließlich über
Beiträge zu finanzieren wären – also unter Ausblendung der Zuschüsse des Bundes, die sich zur Zeit zusammen auf ein knappes Viertel der Gesamtausgaben der allgemeinen
Rentenversicherung belaufen – entfielen von den 493 Milliarden Euro grob gerechnet jeweils 246,5 Milliarden Euro auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Dem ist bei einer an den Kopf appellierenden Einordnung der 493 Milliarden Euro nun allerdings auch die Entwicklung der beitragspflichtigen Bruttolohnsumme gegenüberzustellen. Aus den in dem vom Bundesarbeitsministerium im November 2016
vorgelegten Gesamtkonzept zur Alterssicherung [1] enthaltenen Zahlentableaus lässt sich deren Höhe herleiten. Danach beläuft sich der (ebenfalls kumulierte) Zuwachs der beitragspflichtigen Bruttolohnsumme bis zum Jahr 2040 auf 9.920 Milliarden Euro.
Von der »unvorstellbaren Summe« (493 Mrd. Euro) entfielen jeweils 2,5 Prozent (246,5 Mrd. Euro) des kumulierten Zuwachses der beitragspflichtigen Entgeltsumme als Belastung auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die anfängliche Horrorzahl verflüchtigt sich und reduziert sich auf einen durchaus verkraftbaren Beitragssatzanstieg.

Wird auch in Zukunft (nur) etwa ein Viertel der (Zusatz-) Ausgaben der Rentenversicherung über Bundeszuschüsse finanziert, so vermindert sich die paritätische Belastung der Beitragszahler und Beitragszahlerinnen weiter auf je 1,9 Prozent
des kumulierten Zuwachses der beitragspflichtigen Entgeltsumme. Die Entwicklung des Rentenniveaus gibt Auskunft über die systemische Leistungsfähigkeit der allgemeinen
Rentenversicherung – also über die Entwicklung des Werts der Rentenanwartschaften im Vergleich zu den Löhnen. Nach geltendem Recht wird das so genannte Sicherungsniveau vor Steuern (SvS) von heute etwa 48,1 Prozent bis 2040 auf rund 42 Prozent sinken.

Zusammen mit der seit Anfang des vergangenen Jahrzehnts bis heute bereits umgesetzten Abkoppelung der Renten von den Löhnen läge das Rentenniveau dann um elf Prozentpunkte oder um gut ein Fünftel niedriger als im Jahr 2004 (53,0 Prozent) zu Beginn der politischen Umsetzung des rotgrünen Paradigmenwechsels in der Alterssicherungspolitik.

Im Rahmen des Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist eine Untergrenze für das Rentenniveau auf heutigem Stand bis zum Jahr 2025 vorgesehen. Das könnte ein erster Schritt auf dem Weg zu einer wieder lebensstandardsichernd ausgerichteten gesetzlichen Rente sein. Aber selbst diese marginale Korrektur geht Kritikern einer leistungsfähigen umlagefinanzierten Rente
bereits zu weit. Sie zielen mit Horrorszenarien auf öffentliche Verunsicherung und haben als »Alternative« in aller Regel für die ansonsten vermeintlich beitragsüberlastete junge Generation eine weitere Anhebung der Regelaltersgrenze auf 70 Jahre im Angebot. Dieser Streit dürfte in den nächsten Monaten die Rentendiskussion wie auch die Arbeit der Rentenkommission maßgebend prägen. Dass eine lebensstandardsichernde Rente
zu geringeren Kosten zu haben wäre als eine durch private oder betriebliche Vorsorge aufzustockende, weil demontierte Rente, bleibt bei der öffentlichen Debatte regelmäßig ausgeblendet.

Quelle: Johannes Steffen , Portal Sozialpolitik

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