Die Zahl der Mitglieder, die in den DGB-Gewerkschaften organisiert sind, ist seit der Wiedervereinigung etwa um die Hälfte eingebrochen.

DGB – Gewerkschaften im Sinkflug – Sie haben es nicht verhindert, dass eine Lohnpolitik gemacht wurde, bei der die Reallöhne gesunken sind

Für Gewerkschaften gibt es nichts Wichtigeres als Mitglieder. Wenn sie die Unternehmen nicht mit Mitgliedern beeindrucken können, können sie sie auch nicht mit Streikdrohungen erschrecken. Wer nicht einmal mit Streiks drohen kann, der braucht an den Tischen der Tarifverhandlungen gar nicht erst Platz zu nehmen.

Die Zahl der Mitglieder, die in den DGB-Gewerkschaften organisiert sind, ist seit der Wiedervereinigung etwa um die Hälfte eingebrochen. Im Jahr 2017 ist sie erstmals unter die 6 Millionenmarke gesunken. Zum Jahresende 2021 waren es noch 5.7 Millionen Mitglieder, gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 130.000.

Von offizieller Seite wird diese Entwicklung hauptsächlich auf die demografische Entwicklung, Beschäftigungsabbau allgemein, Strukturwandel in der Berufswelt und neuerdings zusätzlich noch auf die Pandemie, mit ihrer erschwerten Mitgliederwerbung geschoben. Doch diese Sichtweise ist mehr als kurzsichtig, die Gründe sind vielfältiger und durch den DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften auch hausgemacht.

 

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Tarifabschluss – Mehr Geld für Beschäftigte in der Leiharbeit

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Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand
Pressemitteilung DGB Bundesvorstand
PM 002 – 13.01.2023
Tarifabschluss – Mehr Geld für Beschäftigte in der Leiharbeit
In der dritten Verhandlungsrunde haben Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände ein Verhandlungsergebnis für die rund 816.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in Deutschland erzielt.

Die DGB-Tarifgemeinschaft erreichte in der Verhandlung mit den Arbeitgeberverbänden iGZ und BAP eine Erhöhung der Entgeltgruppen (EG) 3 bis 9, die in zwei Erhöhungsstufen ab 01.04.2023 sowie 01.01.2024 Anwendung finden. Insgesamt steigen die Entgelte in den Lohngruppen drei und vier in zwei Schritten bis 31.03.2024 um 13,07 Prozent. In der Lohngruppe 9 liegt der Erhöhungsbetrag bei 9,18 Prozent.

Der neue Entgelttarifvertrag hat eine Laufzeit von 12 Monaten und kann erstmals zum 31.03.2024 gekündigt werden.

Für die Entgeltgruppen 1, 2a und 2b wurden Tariferhöhungen bereits im Juni 2022 vereinbart.

Die Regelungen im Überblick

ab 01.04.2023 ab 01.01.2024
EG 3 14,55 Euro 15,06 Euro
EG 4 15,38 Euro 15,92 Euro
EG 5 17,25 Euro 17,85 Euro
EG 6 19,24 Euro 19,82 Euro
EG 7 22,39 Euro 23,06 Euro
EG 8 23,97 Euro 24,69 Euro
EG 9 25,14 Euro 25,89 Euro

Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied und Verhandlungsführer, sagte am Freitag in Berlin:

„Es waren harte Verhandlungen und die Einigung bedurfte mehrerer Runden. Unsere Forderung war klar: Angesichts der steigenden Preise für Energie, Lebensmittel und Wohnen brauchen die Beschäftigten in der Leiharbeitsbranche spürbar mehr Geld im Portemonnaie. Die jetzt beschlossenen Erhöhungen in der Entgelttabelle sind eine echte Verbesserung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Branche.“

Die Erklärungsfrist beider Seiten zu den getroffenen Vereinbarungen wurde auf den 22.02.2023 festgesetzt. Vorbehaltlich der Zustimmung der Tarifkommissionen der Gewerkschaften sollen die Regelungen zum 01.04.2023 in Kraft treten.

Hintergrund
Die Leiharbeit ist die einzige Branche, in der alle acht Mitgliedsgewerkschaften als DGB-Tarifgemeinschaft Leiharbeit Tarifverhandlungen führen. Die Entgelttarifverträge zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft und dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) sowie dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) wurden fristgerecht zum Jahresende 2022 gekündigt. Die Tarifverträge betreffen bundesweit rund 98 Prozent der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in Deutschland.

Impressum
Verantwortlich
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Telefax 030-24060-324

Bezieher von Grundsicherung sind derzeit von erheblichen Kaufkraftverlusten betroffen: So hätte ein Paar mit zwei Kindern im Jahr 2022 rund 1.600 Euro mehr bekommen müssen, um die Kaufkraft der Grundsicherung zu erhalten.

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Erhebliche Kaufkraftverluste für Menschen in der Grundsicherung und die Stromkosten bleiben auch im Bürgergeld ein Problem

Bezieher von Grundsicherung sind derzeit von erheblichen Kaufkraftverlusten betroffen: So hätte ein Paar mit zwei Kindern im Jahr 2022 rund 1.600 Euro mehr bekommen müssen, um die Kaufkraft der Grundsicherung zu erhalten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB):

➔ Irene Becker (2022): Ermittlung eines angemessenen Inflationsausgleichs 2021 und 2022 für Grundsicherungsbeziehende. Expertise im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Bundesvorstand, Riedstadt, November 2022

Und auch die Empfänger von Bürgergeld, was zum Jahresbeginn das offizielle Licht der Welt erblickt hat, sind nicht vor hohen Teuerungsraten geschützt. Das Statistische Bundesamt hat die Inflation für das gesamte Jahr 2022 auf 7,9 Prozent taxiert – das ist der höchste Wert seit 1951. Aber die Bundesregierung hat doch eine Vielzahl an Entlastungsmaßnahmen für die Menschen auf den Weg gebracht?

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Wir können festhalten, dass nach den IW-Berechnungen aktuell ein Defizit in Höhe von 365.000 Kita-Plätzen ausgewiesen wird.

Ein (weiterer) Mangel.

Nicht nur an Betreuungsplätzen.

Eine „Kita-Lücke“ mit vielen heute schon fehlenden Plätzen und einem Mangel an großen – und für kleine – Menschen

Es ist eine bewusste Entscheidung, das neue Jahr mit einem (weiteren) Bericht aus dem Mangelland Deutschland zu beginnen, denn zahlreiche Mangellagen werden uns nicht nur in dem noch ganz jungen neuen Jahr, sondern auch in der mittelfristig absehbaren Zukunft begleiten. Und dabei nicht nur, aber eben auch in Bereichen, die zur existenziellen Daseinsvorsorge gehören. Man denke hier an die seit Jahren anschwellenden Berichte über fehlendes Personal in den Kliniken, den Pflegeheimen und Pflegediensten.

An dieser Stelle soll und muss es um den für eine ausdifferenzierte und hochkomplexe Volkswirtschaft sowie für eine immer heterogener werdende Gesellschaft so bedeutsamen Bereich der Kindertagesbetreuung gehen. Man muss nun keineswegs jedes Wort auf die Goldwaage legen, aber in diesem Fall ist es schon angebracht, den Terminus „Kindertagesbetreuung“ auch kritisch zu sehen und mit gespreizten Fingern anzufassen, denn es sollte eben nicht nur um (irgendeine?) Betreuung gehen, sondern um einen höchst anspruchsvollen Dreiklang aus „Bildung, Betreuung und Erziehung“ – und das ist eben deutlich mehr als nur die im Idealfall liebevolle Betreuung von sehr verletzlichen kleinen Kindern, die dann in der Realität nicht selten aufgrund bestimmter Rahmenbedingungen auch degenerieren kann zu einer fragwürdigen „Stunden-Betreuung“ zu möglichst kostengünstigen Bedingungen.

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»Damit ist der Weg frei für die vollständige Abschaffung der Hinzuverdienstgrenze beim Bezug einer vorgezogenen Altersrente und die Anhebung der Verdienstgrenze beim Bezug einer Erwerbsminderungsrente«, berichtet der Bundestag unter der Überschrift Mehr Hinzuverdienst in der Frührente.

Eine weitere Flexibilisierung des Renteneintritts oder „süßes Gift“?

Die Begrenzung der Hinzuverdienste bei vorgezogenen Altersrenten fällt zum 1. Januar 2023

 

Am 27. August 2022 wurde hier in dem Beitrag Die Hinzuverdienstbegrenzung bei vorgezogener Altersrente soll gestrichen werden (dort auch eine genaue Darstellung der bisherigen Begrenzungen der Hinzuverdienste bei einem vorzeitigen Rentenbezug) noch über eine Absicht des Gesetzgebers berichtet, die zwischenzeitlich Wirklichkeit geworden ist: Wer vorzeitig in Rente gegangen ist und nebenher noch arbeitet, muss künftig nicht mehr aufpassen, dass er nicht zu viel verdient: Die Regierungskoalition will die bisher geltenden Hinzuverdienstgrenzen künftig für solche Fälle ersatzlos streichen. Das hat sie nun getan. Das 8. SGB IV-Änderungsgesetz (in geänderter Fassung) ist verabschiedet worden. »Damit ist der Weg frei für die vollständige Abschaffung der Hinzuverdienstgrenze beim Bezug einer vorgezogenen Altersrente und die Anhebung der Verdienstgrenze beim Bezug einer Erwerbsminderungsrente«, berichtet der Bundestag unter der Überschrift Mehr Hinzuverdienst in der Frührente. Für die gesetzliche Änderung stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie die CDU/CSU-Fraktion. Die AfD-Fraktion und Die Linke enthielten sich.

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„Ein Tarifvertrag, der für Leiharbeitnehmer ein geringeres Arbeitsentgelt als das der unmittelbar eingestellten Arbeitnehmer festlegt, muss Ausgleichsvorteile vorsehen.“

Die Leiharbeit mal wieder vor dem EuGH: Niedrigere Löhne per Tarifvertrag sind in Ordnung, dafür soll es aber an anderer Stelle einen Ausgleich geben müssen

»Das Arbeitnehmerüberlassungsrecht kann als überaus komplexer Bereich des Arbeitsrechts bezeichnet werden, das aufgrund seiner vielen Regularien und Sanktionen bei Verstößen besonders risikobehaftet ist. Die Komplexität rührt nicht zuletzt durch die europäischen Vorgaben in der Richtlinie 2008/104/EG vom 19. November 2008 über Leiharbeit (Leiharbeitsrichtlinie) her. Trotz diverser gerichtlicher Entscheidungen auf nationaler und europäischer Ebene ist die Auslegung des Arbeitnehmerüberlassungsrechts nach wie vor mit vielen Unsicherheiten verbunden.«

So die zutreffende Charakterisierung von Johanna Keil in ihrem Beitrag Wie lange ist „vor­über­ge­hend“? aus dem März dieses Jahres, in dem es um eines der Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Formenkreis der Leiharbeit ging. Der EuGH musste sich mehrfach mit dieser besonderen Beschäftigungsform befassen, insbesondere mit der Auslegung von „unbestimmten Rechtsbegriffen“. Dazu gehört beispielsweise eine „vorübergehende Überlassung“ – was aber ist noch „vorübergehend“ und was nicht mehr? Der EuGH hat in seinem Urteil vom 17. März 2022 (Az. C-232/20) Auslegungshinweise für die Beurteilung dieses Merkmals gegeben, ohne jedoch letztlich Klarheit zu schaffen. Vielmehr spielte der EuGH den Ball zurück an die nationalen Gerichte.  Vgl. dazu auch ausführlicher den Beitrag Was ist (k)eine „vorübergehende Überlassung“ von arbeitenden Menschen? Der Europäische Gerichtshof fällt ein „erfreuliches“ bzw. „enttäuschendes“ Urteil zur Leiharbeit, der hier am 18. März 2022 veröffentlicht wurde.

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Babyboomer und die Altersrente mit 63 – schöne Story, aber falsch!

Trend zu früherem Rentenbezug ist rückläufig

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in der Kritik

Babyboomer und die Altersrente mit 63 – schöne Story, aber falsch!

Dagmar Pattloch* | Dezember 2022

Am 10. Dezember gab das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung eine Pressemitteilung heraus mit dem Titel »Renteneintritt der Babyboomer: Für viele ist schon mit 63 Schluss«.

Diese Aussage wird nicht mit Zahlen untersetzt. Kein Wunder, dass verschiedene Medien dies ungenau abgeschrieben und noch ungenauer weiterverbreitet haben. Aus »viele« wird dann bei der Tagesschau leicht »besonders viele«. »Viele« – das reicht fürs Storytelling aus. Es wird ein Trend suggeriert.

Tatsächlich sagen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund und der amtlichen Statistik für die Jahre 2016 bis 2021 etwas völlig anderes aus. Es handelt sich bei den folgenden Daten um eine Sonderauswertung des Rentenbestandes der Renten wegen Alters nach SGB VI – Wohnort Deutschland. Der Wohnort Deutschland ist wichtig, denn dadurch lässt sich der Rentenbestand auf die altersgleiche Bevölkerung in Deutschland laut amtlicher Statistik umrechnen. Die dabei entstehenden Quoten werden hier als Prävalenz bezeichnet. Hierbei ist zu beachten, dass 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung in Deutschland nie eine Altersrente der DRV beziehen – mutmaßlich weil sie keine Rentenanwartschaften haben.

Prävalenz von Altersrente - Männer

 

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DGB: Mit falschen Zahlen für höheres Rentenalter

14.12.2022  DGB
Rentenpolitik

Mit falschen Zahlen für höheres Rentenalter

Missverständliche Aussagen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), eine unbedachte Aussage von Kanzler Scholz und ganz viel Interessenspolitik vermengt mit einer Fachkräftedebatte – und schon ist die Schlagzeile fertig, ein höheres Rentenalter sei alternativlos.

Miniatur-Figuren laufen an einem Zahlenstrahl Richtung "100" DGB/Hyejin Kang/123rf.com

Am Samstag, den 10.12.2022, ging das BiB mit der Meldung „Renteneintritt der Babyboomer: Für viele ist schon mit 63 Schluss“ online. Darin wird ein stagnierender Anstieg der Erwerbsquoten konstatiert und direkt mit der abschlagsfreien Rente für besonders langjährig Versicherte in Verbindung gebracht.

Dieser Ansatz wurde von Arbeitgeberverbänden und anderen dankbar aufgegriffen und der Generalangriff auf einen abschlagsfreien Rentenzugang vor der Regelaltersgrenze, die Rente für besonders langjährig Versicherte, gestartet, zusammen mit der Forderung, die Altersgrenzen über 67 hinaus weiter anzuheben und den vorzeitigen Rentenbeginn unattraktiver zu machen. Nur so sei der Fachkräftemangel zu beenden.

Dabei geht einiges durcheinander. Zunächst: Der Beginn der Altersrente ist nicht mit dem Erwerbsaustritt gleichzusetzen, wie es vom BiB und insgesamt in der Debatte getan wird.

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»Es ist also völlig falsch, die Inanspruchnahme von Altersrente mit 63 oder 64 Jahren als wachsendes Problem darzustellen. Der Trend ist vielmehr eindeutig so, dass die Prävalenz von Rente mit 63, 64 und 65 Jahren rückläufig ist.« Wer berät den SPD-Kanzler?

Viele, bei einigen sogar „besonders viele“ Babyboomer steigen schon mit 63 aus dem Erwerbsleben aus und in den Rentenbezug ein. Aber stimmt das überhaupt?

»Angesichts einer alternden Gesellschaft wird die Ausweitung der Erwerbstätigkeit in höhere Alter als eine wichtige Stellschraube gesehen, um dem Fachkräftemangel und Finanzierungslücken im Rentensystem entgegenzuwirken. Neue Zahlen aus einem Forschungsprojekt am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigen jedoch, dass der Anstieg der Erwerbsbeteiligung bei älteren Beschäftigten in den letzten fünf Jahren weitgehend zum Stillstand gekommen ist«, kann man dieser Mitteilung entnehmen: Renteneintritt der Babyboomer: Für viele ist schon mit 63 Schluss. Darin findet man auch diese Abbildung:

Was hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) gemacht? Die haben sich die Mikrozensus-Daten*) des Statistischen Bundesamtes mit Blick auf die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung**) angeschaut.

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