Viele werden in diesen Zeiten den Eindruck bekommen, dass es überall mangelt. An Fach- und überhaupt Arbeitskräften, an Kita- und Pflegeheimplätzen, aber auch an allerlei Investitionen in das, was man technisch-abstrakt „Infrastruktur“ nennt. An zahlreichen Fronten werden wir konfrontiert mit den Folgen jahrelangen „Sparens“, also der Nicht-Investition. Offensichtlich haben wir über einen langen Zeitraum von der Substanz gelebt – mit Blick auf die bauliche Substanz wurde diese vor allem in den 1970er grundgelegt, man denke hier an Schwimmbäder oder die vielen Brücken. Dort hat sich ein gewaltiger Investitionsstau gebildet, der nun den Menschen und der Wirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes auf die Füße fällt. Vgl. dazu ausführlichen den Beitrag Wie marode Brücken die Wirtschaft bedrohen: Das Institut für Straßenwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen sämtliche Brücken im Rheinland neu taxiert: »Das nüchterne Ergebnis: Von den insgesamt mehreren Tausend Brücken sind danach 650 schwer beschädigt und 350 sogar sehr schwer beschädigt. Mit anderen Worten: Diese Brücken haben das Ende der Nutzung erreicht.« Das bedeutet große Risiken nicht nur für die regionale Wirtschaft. Die Folgen sind bundesweit zu spüren.
3,495 Millionen bzw. 24,0 Prozent der Kinder und Jugendliche im Alter von unter 18 Jahren galten 2022 laut Eurostat in der Bundesrepublik Deutschland als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht
Nationaler Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“: 3,5 Millionen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohe Kinder und Jugendliche im Alter von unter 18 Jahren
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- (BIAJ) 3,495 Millionen bzw. 24,0 Prozent der Kinder und Jugendliche im Alter von unter 18 Jahren galten 2022 laut Eurostat in der Bundesrepublik Deutschland als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht – insgesamt etwa 20 Millionen (24,7 Prozent) in der Europäischen Union (EU-27). (siehe dazu die Spalten 8 und 10 in der BIAJ-Tabelle auf Seite 2*) Die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Personen ist gemäß Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 14. Juni 2021 zur „Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder“ Hauptindikator für die Überwachung der EU-Strategien zur Reduzierung der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffenen Kinder bis 2030 („Armutsziel“). Im Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ (NAP), der am 5. Juli 2023 vom Bundeskabinett verabschiedet wurde (1), wird im Unterkapitel 2.1 des Kapitels „Ausgangssituation“ die „Armut und soziale Ausgrenzung von Kindern in Deutschland“ beschrieben.
* In der BIAJ-Tabelle vom 29. August 2023 mit kurzem Textteil auf Seite 1 (PDF, DIN A4 quer) werden die beiden in der Tabelle „Relevante Indikatoren zu Armut und sozialer Ausgrenzung in Deutschland …“ (NAP, Seite 13) genannten Quoten (hier immer die Altersruppe 0 bis unter 18 Jahre) mit den entsprechenden Quoten in den anderen 26 EU-Mitgliedstaaten verglichen. Bremen, 29.08.2023
(1) Anmerkung: Der für die Bundesregierung offensichtlich „wichtigste Abschnitt“ im NAP: „Mit dem Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ (NAP) setzt Deutschland die Empfehlungen des Rates um. Die öffentlichen Haushalte beziehungsweise Sozialleistungssysteme werden durch diesen Aktionsplan nicht präjudiziert. Im Aktionsplan aufgeführte Maßnahmen oder daran anzuknüpfende zukünftige Maßnahmen, die finanzielle Belastungen oder personelle Mehrbedarfe für den Bundeshaushalt zur Folge haben, präjudizieren weder die laufenden noch künftige Haushaltsverhandlungen. Im Bundeshaushalt und Finanzplanungszeitraum bis 2027 nicht finanzierte Maßnahmen stehen insoweit sämtlich unter Finanzierungsvorbehalt. Der von der Verfassung vorgegebenen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern ist bei der Umsetzung des NAP Rechnung zu tragen.“ (NAP, Seite 8)
„Ohne höhere Leistungen kann eine Kindergrundsicherung Kinderarmut nicht bekämpfen, denn auch hier gilt: Gegen Armut hilft Geld.“
Der Paritätische zeigt sich enttäuscht von den vorgestellten Eckpunkten zur Kindergrundsicherung
»Fortschrittskoalition«: Kindergrundsicherung wird zur Farce!
jW 29.08.2023 Inland von David Maiwald
»Fortschrittskoalition«
Kindergrundsicherung wird zur Farce
Minister stellen Einigung der Ampelkoalition gegen Kinderarmut vor
Man muss zum eigenen Witz stehen – auch wenn es nicht mehr zum Lachen ist. »Es ist diese Bundesregierung, die eine Antwort auf Kinderarmut gefunden hat und darauf können wir stolz sein«, erklärte Bundesfamilienministerin Elisabeth Paus (Grüne) am Montag in der Bundespressekonferenz in Berlin. Eine Ampelentourage aus Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellte mit der Familienministerin gemeinsam die Einigung der Bundesregierung zur Kindergrundsicherung vor.
Oder was davon übrig ist. Auf Kosten von 2,4 Milliarden Euro hat sich die Ampelkoalition nach den vorgestellten Eckpunkten offenbar nach lange und öffentlich geführter Debatte geeinigt. Zur Erinnerung: Paus’ erster Entwurf sah Kosten von 12 Milliarden Euro jährlich vor – viel zu wenig, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, wie Armuts- und Ungleichheitsforscher Christoph Butterwegge im jW-Gespräch bereits im April bemerkte. Die nun getroffene Entscheidung bezeichnete der Sozialwissenschaftler am Montag gegenüber dpa als »riesigen Skandal«.
Bis zu 3.300 Euro Eigenanteil im Pflegeheim ! Durchschnitt: 2.700 Euro!
Umfrage zu Pflegekosten: Große Mehrheit für Vollversicherung in der Pflege
Folgekosten der Kinderarmut in Milliardenhöhe
„An zahlreichen Fronten werden wir konfrontiert mit den Folgen jahrelangen ´Sparens´, also der Nicht-Investition.“ (Stefan Sell)
6,1 Millionen AltersrentnerInnen erhalten weniger als 862 Euro
Kommt darauf an, wo man lebt? Krebserkrankungen und die soziale Ungleichheit
Kommt darauf an, wo man lebt? Krebserkrankungen und die soziale Ungleichheit
Wenn wir über Krebserkrankungen sprechen, dann geht es um hundertausende Menschen, die jedes Jahr von einer solchen Erkrankung betroffen sind. Zur Einordnung der Größenordnung berichtet das Robert Koch-Institut: Im Jahr 2018 sind geschätzt etwa 233.000 Frauen und 265.000 Männer in Deutschland neu an Krebs erkrankt. Die Gesamtzahl an jährlichen Neuerkrankungen stagniert demnach seit etwa zehn Jahren bei rund 500.000 Neuerkrankungen pro Jahr. Angesichts der älter werdenden Bevölkerung bedeutet dies, dass die Erkrankungsraten an Krebs im Mittel leicht zurückgegangen sind, allerdings zeigen sich bei den verschiedenen Krebsarten teilweise heterogene Trends (vgl. RKI 2021: Krebs in Deutschland für 2017/2018).
Das sind Überschriften, die einen gerade aus einer sozialpolitischen Perspektive aufhorchen lassen: Schere geht weiter auseinander: Mehr Krebs in ärmeren Regionen, so die Berliner Zeitung. Und der Spiegel hat seine Meldung so überschrieben: Soziale Ungleichheit beeinflusst Krebsrisiko zunehmend. Beide Meldungen beziehen sich auf diese Mitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums: Wachsende soziale Ungleichheit bei Krebsneuerkrankungen in Deutschland. Und darin bekommen wir eine gute und eine schlechte Botschaft serviert: »Die altersstandardisierten Krebs-Neuerkrankungsraten sinken – doch nicht alle Menschen in Deutschland profitieren gleichermaßen von diesem Trend: Der Rückgang ist in den am stärksten benachteiligten Regionen der Republik deutlich weniger ausgeprägt als in den wohlhabenderen Gegenden.«
“Wenn Schulbedarf 14 Prozent teurer wird, müssen eben 14 Prozent drauf”, so Ulrich Schneider.
“Keine Familie sollte sich finanzielle Sorgen machen müssen, weil das Kind ein Schulheft oder einen rückenfreundlichen Schulranzen braucht”, erklärt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Es sei eines Sozialstaats unwürdig, wenn der Einkauf zum Schuljahresbeginn Familien in existenzielle Nöte bringt. “Schulbedarf gehört zur Grundausstattung eines jeden Kindes. Es muss Sorge dafür getragen werden, dass jedes Kind von Beginn an die gleichen Möglichkeiten hat und teilhaben kann.”