Der Gesetzgeber hat … Vorkehrungen zu treffen, auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Preissteigerungen oder Erhöhungen von Verbrauchsteuern, zeitnah zu reagieren, um zu jeder Zeit die Erfüllung des aktuellen Bedarfs sicherzustellen, insbesondere wenn er wie in § 20 Abs. 2 SGB II einen Festbetrag vorsieht.

Die Sicherung des Existenzminimums durch einen zeitnahen Inflationsausgleich in der Grundsicherung?

Vom Bundesverfassungsgericht auf die Antragsebene im Bundestag

Der Gesetzgeber hat … Vorkehrungen zu treffen, auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Preissteigerungen oder Erhöhungen von Verbrauchsteuern, zeitnah zu reagieren, um zu jeder Zeit die Erfüllung des aktuellen Bedarfs sicherzustellen, insbesondere wenn er wie in § 20 Abs. 2 SGB II einen Festbetrag vorsieht.
(BVerfG 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 ua, Rn. 140)

Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.
(BVerfG 23.07.2014 – 1 BvL 10/12 ua, Rn. 144)

Haben wir mittlerweile eine Preissteigerung erreicht, die dem entspricht, was das Bundesverfassungsgericht bewogen hat, in seinen Entscheidungen über die Frage einer möglichen Verfassungswidrigkeit des Verfahrens zur Anpassung der Regelbedarfe in der Grundsicherung (nach SGB II und XII) einen expliziten Handlungsauftrag an den Gesetzgeber zu verankern, der verhindern soll, dass eine Anpassung der Leistungen zur Sicherstellung des Existenzminimums auf die lange Bank geschoben wird? Das werden sicher einige bejahen (andere hingegen werden in eine semantische Exegese der Begrifflichkeit „extreme Preissteigerungen“ einsteigen).

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Armutsgefährdungsquoten im Ländervergleich von 2005 bis zu den Erstergebnissen 2020

(BIAJ) Eine unkommentierte BIAJ-Tabelle und zwei BIAJ-Abbildungen zur Entwicklung der Armutsgefährdungsquoten im Bund und in den Ländern von 2005 bis zu den Erstergebnissen (IT.NRW) im „besonderen Jahr“ 2020 – mit der Bitte um Beachtung des Kleingedruckten unter der Tabelle und den Abbildungen: Download_BIAJ20211119 (PDF: zwei Seite) und unten.

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2020 betrug der Regelbedarf in der „Regelbedarfsstufe 1“ monatlich 432 Euro und der rechnerische Abstand zur Armutsgefährdungsschwelle für Ein- personenhaushalte (1.126 Euro) 694 Euro (absolut) bzw. 61,6 Prozent (relativ).

(BIAJ) Die absolute und relative rechnerische Lücke zwischen Regelbedarf (Hartz IV) (ohne Kosten der Unterkunft und Heizung) und Armutsgefährdungsschwelle ist auch 2020 weiter gewachsen. (siehe BIAJ-Abbildung im PDF-Download) In den BIAJ-Materialien vom 19. November 2021 ist dargestellt, wie sich die absolute und relative Lücke zwischen Regelbedarf in der „Regelbedarfsstufe 1“ und Armutsgefährdungsschwelle von 2006 bis 2020 entwickelt hat. Ein Fazit: Allein bei einem unveränderten relativen Abstand des Regelbedarfs von der Armutsgefährdungsschwelle auf dem Niveau des Jahres 2006 hätte der Regelbedarf in der „Regelbedarfsstufe 1“ bis 2020 rechnerisch auf 521 Euro statt lediglich auf 432 Euro steigen müssen. Die wachsende absolute und relative Lücke zwischen Regelbedarf und Armutsgefährdungsschwelle fördert die Armut (bzw. amtlich, die Armutsgefährdung).
Die gesamten BIAJ-Materialien vom 19. November 2021 finden Sie hier: Download_BIAJ20211119_2 (PDF: eine Seite)

2021 11 19 luecke zwischen hartz iv regelbedarf und armutsgefaehrdungsschwelle 2006 2020 biaj abbildung


Laut WSI gaben 2010 rund 54 Prozent der Befragten an, die zur Mittelschicht gehören, dass sie Sorge um ihren Job haben, während es 2019 nur noch 30 Prozent waren.

Die Abstiegsangst der Mittelschicht

WSI-Verteilungsbericht: Untere Einkommen büßen aufgrund von Corona am häufigsten ein

  • Von Simon Poelchau  ND
Die Angst vor dem sozialen Abstieg geht in der Mittelschicht um – vor allem wenn es ums Alter geht.

Working Poor: Dieser Begriff aus dem Englischen, der Erwerbsarmut bezeichnet, ist mittlerweile auch hierzulande gängig. Denn insbesondere in der Mittelschicht ist in den vergangenen Jahren die Angst vor Arbeitslosigkeit der Angst um die eigene finanzielle Sicherheit gewichen. Dies legen zumindest die Kernaussagen des am Mittwoch veröffentlichten Verteilungsberichts des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung nahe. Demnach haben sich die Angst vor Arbeitslosigkeit und die Angst vor finanzieller Unsicherheit deutlich auseinanderentwickelt.

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Eine große Mehrheit (85%) geht nicht davon aus, dass die in Hartz IV vorgesehen Regelsätze ausreichen, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Die Regelsätze müssen steigen: Ergebnisse einer Umfrage zu Hartz IV

Eine klare Mehrheit der Bevölkerung erwartet von der Ampel-Koalition eine Erhöhung der Regelsätze für Hartz IV und Altersgrundsicherung. Das zeigt eine repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbandes.

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»Die steigende Nachfrage nach sozialer Schuldnerberatung ist alarmierend«, kommentierte Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie, die Zahlen.

Mehr Menschen in finanzieller Not

Nachfrage nach Schuldnerberatung steigt 2021 rasant an

  • Von Lisa Ecke  ND

Private Überschuldung ist kein Randphänomen, sondern weitverbreitet. Trotzdem gibt es keine offiziellen Zahlen zu deren Ausmaß. Einen Anhaltspunkt bieten jedoch die jährlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten, wie viele Menschen sich von einer Schuldner- oder Insolvenzberatungsstelle beraten lassen. Im Jahr 2020 waren dies demnach 588.000. 13,8 Prozent von ihnen waren alleinerziehende Frauen, obwohl ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung 2020 nur 5,2 Prozent betrug. Auch allein lebende Männer waren überproportional häufig von Überschuldung betroffen.

 

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Der Mythos der zu teuren gesetzlichen Rente

Zukunft der Rentenpolitik : Aktienrente? Nein, danke!

  • Von Matthias W. Birkwald
  • Aktualisiert am

Soll die Aktienrente kommen? Bild: dpa

Die Debatte über eine mögliche Aktienrente erfreut sich großer Popularität. Doch sollten wir die liberal-konservativen Mythen von der zu teuren gesetzlichen Rente endlich hinter uns lassen. Ein Gastbeitrag.

Der Ausbau der kapitalmarktbasierten, privaten Altersvorsorge zulasten der gesetzlichen Rente und die Verlängerung der Lebensarbeitszeit zulasten eines wohlverdienten Ruhestandes sind seit mehr als zwei Jahrzehnten die beiden Kernforderungen konservativer und arbeitgeberorientierter Rentenpolitik.

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»Ich fürchte, dass in der neuen Konstellation Hartz IV nur einen neuen Namen verpasst bekommt, aber sonst alles mehr oder weniger beim alten bleibt.«

Armutsregime

Neuer Name, alter Hut

Hartz IV wird »Bürgergeld«: SPD, Grüne und FDP kündigen Erleichterungen für Erwerbslose an, wollen aber weiterhin knausern und sanktionieren
 
Von Ralf Wurzbacher junge welt 19. Oktober 2021

Beim Paritätischen Gesamtverband blickt man mit »großer Sorge« auf das, was SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP am vergangenen Freitag als Ergebnis ihrer Sondierungsgespräche präsentiert haben. »Punkte, die wir ganz sicher auf der Tagesordnung einer neuen Bundesregierung sahen, finden sich in dem Papier überhaupt nicht wieder«, befand Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider in einer Stellungnahme. Insbesondere vermisst er Bekenntnisse dazu, »die Armut in diesem Land zu beseitigen und die tief gespaltene Gesellschaft wieder zusammenzuführen«. Und sollte die potentielle »Ampel«-Koalition Steuererhöhungen tatsächlich zum Tabu erklären, mache sie sich schlicht handlungsunfähig.

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Jetzt geht´s los: Unter anderem Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der Gesetzlichen Rentenversicherung

Sozialpolitische Vorhaben in dem Sondierungspapier einer möglichen Ampel-Koalition.

Eine erste kritische Einordnung der Absichtserklärungen

Sie haben einige Tage miteinander gesprochen. Die SPD, die Grünen und die FDP. Diese Runden wurden als „Sondierungsgespräche“ bezeichnet. Nun ist die Sonde wieder raus aus dem durchaus voluminösen Körper dessen, was die anstehende Regierungsarbeit abbildet. Und die Ergebnisse der Sondenprüfung wurden in ein Papier gepresst und dort zu mehr oder weniger konkreten Ausblicken auf eine mögliche Ampel-Bundesregierung in Worte gegossen. Auf dieser Basis kann man sich nun vorstellen, miteinander zu sprechen. Also noch ernsthafter als bislang, gleichsam Gespräche zweiter Ordnung. Das wären dann offizielle Koalitionsverhandlungen, an deren Ende eine neue Version des heiligen Schriftsatzes der modernen, koalitionären Regierungspolitik stehen würde: ein Koalitionsvertrag mit irgendeinem mehr oder weniger bedeutungsschwangeren Titel (der bislang letzte Koalitionsvertrag aus dem März 2018, damals zwischen den Unionsparteien und der SPD vereinbart, war mit diesem posaunenhaften Dreischritt überschrieben: „Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“.)

Nun also liegt das Sondierungspapier der im Entstehen befindlichen Ampel-Koalition vor:

Ergebnis der Sondierungen zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP (15.10.2021)

Hier interessiert natürlich vor allem, welche sozialpolitisch relevanten Themen angesprochen sowie ob und welche Veränderungen in Aussicht gestellt werden.

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Armut für Ampel kein Thema

Ampel-Koalition: Der Paritätische reagiert mit großer Sorge auf Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP

Die Gretchenfrage bleibt unbeantwortet: Woher soll das Geld kommen? Auch armutspolitisch bleibt das Sondierungspapier Antworten schuldig.
Große Sorge bereitet dem Paritätischen Wohlfahrtsverband das heute veröffentlichte Sondierungspapier, auf das sich die Verhandlungsteams von SPD, Grünen und FDP als gemeinsame Basis für mögliche Koalitionsverhandlungen verständigt haben. Als einer der größten Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland, unter dessen Dach über 10.800 Organisationen und Initiativen sozialer Arbeit organisiert sind, vermisst der Paritätische unter den ausformulierten Zielen der potenziellen Ampel-Partner insbesondere, die Armut in diesem Land zu beseitigen und die tief gespaltene Gesellschaft wieder zusammenzuführen.

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