Wo es langgeht, macht Christoph Butterwegge gleich im ersten Satz klar: „Seit geraumer Zeit ist die wachsende sozioökonomische Ungleichheit das Kardinalproblem unserer Gesellschaft.“ Eine solche Festlegung auf „das Kardinalproblem“ erscheint irritierend in Zeiten, da allenthalben der Klimawandel auf Platz eins der Problemskala gesetzt wird. Aber das stört Butterwegge nicht, und genau darin liegt sowohl die Schwäche als auch die Stärke seines neuen Buches.
Man merkt dem Buch fast auf jeder Seite die Sorge an, dass die Ungleichheitsverhältnisse bei all den Debatten über kulturelle oder Identitätsfragen ins Hintertreffen der Aufmerksamkeit geraten könnten: „Verteilungskonflikte sind grundlegender Art, Beziehungs-. Anerkennungs- und Wertschätzungskonflikte bleiben ihnen nachgeordnet.“ Ob eine derart dezidierte Rangordnung der ausdifferenzierten Schichtung im modernen Kapitalismus standhält, darf bezweifelt werden. Einerseits. Andererseits: Wer mit dem Autor die Geschichte der Gesellschaftstheorie von Karl Marx bis heute verfolgt, kann das Beharren auf dem Begriff der Klassengesellschaft durchaus verstehen.