Studie: Gegen Armut: Geld für Familien kommt bei Kindern an

Studie: Gegen Armut: Geld für Familien kommt bei Kindern an

 

Bislang herrscht Skepsis, ob Eltern finanzielle Leistungen für Familien tatsächlich für ihre Kinder ausgeben. Eine neue Studie zeigt jetzt: Das Misstrauen gegenüber den Eltern ist unbegründet. Direktzahlungen kommen Kindern zugute.

Im Einzelnen heißt das: Je 100 Euro Kindergeld steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind eine Kindertagesbetreuung besucht, um fünf Prozentpunkte. Allein für den Zeitraum nach dem Jahr 2000 betrachtet, ist dieser Effekt mit zehn Prozentpunkten sogar noch größer: Offenbar haben seitdem frühkindliche Bildungseinrichtungen aus Sicht der Familien an Bedeutung gewonnen, zudem hat sich das Angebot an Kitas und Ganztagsschulen in dem Zeitraum verbessert. Darüber hinaus führen Direktzahlungen dazu, dass Kinder um acht Prozentpunkte häufiger zum Sport gehen. Mehr noch: Musikerziehung erhalten Kinder unter sechs Jahren um sieben Prozentpunkte häufiger, Kinder zwischen sechs und 16 Jahren sogar um elf Prozentpunkte häufiger.

Finanzielle Direktzahlungen erreichen die Kinder und sind unbürokratisch

Jüngste Untersuchungen legen nahe, dass bei zweckgebundenen Sach- und Geldleistungen – wie dem Bildungs- und Teilhabepaket – mit rund 30 Prozent ein erheblicher Teil der zur Verfügung stehenden Mittel für Verwaltungsaufwand verbraucht wird. Dazu kommt, dass viele Bedürftige die Mittel gar nicht erst beantragen. Für unseren Vorstand Jörg Dräger wird deshalb deutlich: „Direkte finanzielle Leistungen für Familien sind sinnvoller als aufwändig zu beantragende Sachleistungen. Das Geld kommt den Kindern zugute und wird nicht von den Eltern für ihre eigenen Interessen ausgegeben.“ Er folgert:

„Eltern sollten nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Der Staat sollte den Eltern vertrauen und Entmündigung sollte nicht zur Regel werden.“

Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung

Studie: Kommt das Geld bei den Kindern an?

Mit einem neuen Teilhabegeld gegen Kinderarmut

Um die Kinderarmut in Deutschland zurückzudrängen, muss bei armen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien gezielt mehr Geld ankommen. Dazu, so Dräger, brauche es eine neue finanzielle Leistung, das Teilhabegeld. Es soll sicherstellen, dass Kinder gut aufwachsen können und gute Bildung erhalten und bündelt bisherige staatliche Maßnahmen wie das Kindergeld, Teile des Bildungs- und Teilhabepakets, den Kinderzuschlag und die SGB-II-Regelbedarfe für Kinder.

Das Teilhabegeld gilt für alle Kinder – wird aber mit steigendem Einkommen der Eltern abgeschmolzen. „Anders als das Kindergeld erreicht es so gezielt arme Kinder und Jugendliche“, so Dräger. Zunächst müssen laut Dräger „die tatsächlichen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen systematisch erfasst werden.“

Darüber hinaus brauchen Kinder und Jugendliche aber auch mehr und bessere Kitas und Schulen. Zudem gelte es, eine wirksame Unterstützung vor Ort mit vertrauensvollen Ansprechpartnern zu schaffen. Dort sollen Kinder, Jugendliche und ihre Eltern sich informieren können und beraten beziehungsweise unterstützt werden.

(Auszug auf dem Abschnitt Fazit der Studie)
„Auch eine wachsende empirische Literatur zu Feldexperimenten in Entwicklungsländern deutet darauf hin, dass Geldleistungen gut funktionieren. Die finanzielle Hilfe verbessert die Einkommens- und die Ernährungssituation der Haushalte, ohne den Müßiggang oder den Konsum von Alkohol und Zigaretten zu befördern.
Beim Verwaltungsaufwand sind Geldleistungen den in der Entwicklungshilfe traditionell vorherrschenden Sachleistungen zudem überlegen. Auch in Deutschland steht das Bildungs- und Teilhabepaket, dessen Ausgestaltung nicht zuletzt das oben geschilderte Misstrauen gegenüber Empfängerhaushalten widerspiegelt, wegen der hohen Verwaltungsausgaben in der Kritik. Die zentrale Frage ist daher, ob bei der Hilfe über Geldleistungen der Missbrauch so groß ist, dass er den hohen Verwaltungsaufwand rechtfertigt. Anders ausgedrückt: Beim Bildungs- und Teilhabepaket kommen bis zu 30 Prozent des Geldes nicht bei den Kindern an, sondern fließen in die Personal- und Sachkosten der Verwaltung. Die bisherigen empirischen Studien legen hingegen nah, dass die Streuverluste von (hinsichtlich der Verwendung bedingungsloser) Geldleistungen nicht allzu hoch ausfallen.“

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