Seit 2000 sank die Zahl der Allgemeinverbindlichkeits-Erklärungen von Tarifverträgen von 113 auf 25 im Jahr 2018. Welcher Partei gehört der Arbeitsminister an ?

Linke fordern Reform : Immer mehr Unternehmen begehen Tarifflucht

(RP online)

Berlin Immer mehr Unternehmen steigen aus Arbeitgeberverbänden aus und entledigen sich so der Tarifbindung. Die Tarifflucht hat sich in den vergangenen Jahren beschleunigt. Die Forderung nach gesetzlichen Maßnahmen wird lauter.

Von Birgit Marschall

Die Zahl der Tarifverträge, die von der Bundesregierung für allgemeinverbindlich erklärt wurden und damit auch für tarifungebundene Unternehmen gelten, ist in den vergangenen Jahren drastisch gesunken. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine kleine Anfrage der Linken zurück, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach nahmen die sogenannten Allgemeinverbindlichkeits-Erklärungen (AVE) des Arbeitsministeriums von 113 Branchentarifverträgen im Jahr 2000 auf nur noch 25 im Jahr 2018 ab.

Damit gingen die AVE innerhalb von 20 Jahren um etwa 80 Prozent zurück – trotz einer Reform aus dem Jahr 2014, mit der die Bedingungen für solche Erklärungen gelockert worden waren. Die Regierung hält sich mit AVE aber offenkundig zurück, weil neben anderen Gründen die gesetzlichen Neuregelungen zu ungenau formuliert worden sind.

Die geringere Zahl der AVE bedeutet für die Beschäftigten in Unternehmen ohne Tarifbindung, dass für sie Branchen-Mindestlöhne und andere tariflich vereinbarte Regelungen rechtlich nicht durchgesetzt werden können. Die Tarifflucht der Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren beschleunigt. 2017 arbeiteten nur noch 55 Prozent aller Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben. Bei den Betrieben liegt die Tarifbindung sogar nur noch bei 27 Prozent.

„Immer mehr Unternehmen begehen Tarifflucht und entziehen sich so ihrer sozialen Verantwortung“, sagte Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag. Das Tarifautonomiestärkungsgesetz von 2014 habe sich als „Rohrkrepierer“ erwiesen. Es brauche daher eine wirksame Reform, „die in einem ersten Schritt die Blockademöglichkeit branchenfremder Arbeitgeberverbände bei der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen abschafft“, so Meiser.

Darüber hinaus forderte er ein Tariftreuegesetz auf Bundesebene. „Öffentliche Aufträge dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten die branchenüblichen Tariflöhne zahlen.“ Bundesarbeitsminister Heil müsse gesetzliche Maßnahmen gegen die anhaltende Tarifflucht auf den Weg bringen. Die Linke will dem Bundestag an diesem Freitag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, der aber von der Koalitionsmehrheit abgewiesen werden dürfte.

 

Antrag der Linksfraktion „Tarifbindung stärken“:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/089/1908963.pdf

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