Armutsgefährdung 2018 in Bayern am geringsten, in Bremen am höchsten

Armutsgefährdung 2018 in Bayern am geringsten, in Bremen am höchsten

Pressemitteilung Nr. 282 vom 25. Juli 2019

Alleinerziehende und ihre Kinder sind am stärksten von Armut bedroht

WIESBADEN – Die Armutsgefährdung in Deutschland – gemessen an der Armutsgefährdungsquote – ist regional nach wie vor sehr unterschiedlich ausgeprägt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis des Mikrozensus mitteilt, waren im Jahr 2018 in Bayern 11,7 % und in Baden-Württemberg 11,9 % der Bevölkerung von Armut bedroht. Damit war das Armutsrisiko in diesen Bundesländern am geringsten. Das höchste Armutsrisiko wies Bremen mit 22,7 % auf, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern mit 20,9 %. Die Armutsgefährdungsquote ist ein Indikator zur Messung relativer Einkommensarmut.

Armutsgefährdungsquoten 2018. Anteil an der Bevölkerung in Privathaushalten in %

 

Armutsgefährdungsquoten in Ost und West nähern sich an

Die Armutsgefährdungsquoten für das Jahr 2018 liegen in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) mit durchschnittlich 17,5 % etwas höher als im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) mit 15,0 %. Gegenüber dem Jahr 2005 – seitdem werden in der Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik entsprechende Daten berechnet – haben sich die Armutsgefährdungsquoten im Osten und im Westen jedoch angenähert: Damals waren im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) 13,2 % der Bevölkerung armutsgefährdet, in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) 20,4 %.

Mehr als 40 % der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten von Armut bedroht

Von allen Haushaltstypen weisen Alleinerziehende und ihre Kinder das höchste Armutsrisiko auf: 2018 waren 40,4 % der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten im früheren Bundesgebiet und 44,5 % dieser Personen in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) armutsgefährdet. Auch hier gibt es große regionale Unterschiede: Während in Berlin 34,1 % der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten von Armut bedroht waren, traf dies in Mecklenburg-Vorpommern auf 56,9 % zu.

Diese und weitere Ergebnisse zur Armutsgefährdung seit 2005, zum Teil in tiefer regionaler und fachlicher Gliederung, sowie detaillierte Erläuterungen zu den Datenquellen und den angewandten Berechnungsverfahren stehen im Internetangebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung. Dort finden sich auch Armutsgefährdungsquoten, die auf Basis regional unterschiedlicher Armutsgefährdungsschwellen ermittelt wurden.

Armutsgefährdungsquoten 1 nach Bundesländern im Zeitverlauf 2
Land 2005 2010 2015 2018
%
Ergebnisse des Mikrozensus, Berechnungen durch Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).

1 Anteil der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 60% des Bundesmedians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung in Privathaushalten am Ort der Hauptwohnung. Das Äquivalenz­einkommen wird auf Basis der neuen OECD-Skala berechnet.

2 Ab 2011 basiert die Hochrechnung auf den fortgeschriebenen Ergebnissen des Zensus 2011. Durch Effekte der Umstellung auf eine neue Stichprobe im Berichtsjahr 2016 sowie durch Sondereffekte im Kontext der Bevölkerungsentwicklung ist die Vergleichbarkeit der Mikrozensusergebnisse ab dem Berichtsjahr 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt.

Baden-Württemberg 10,6 11,0 11,8 11,9
Bayern 11,4 10,8 11,6 11,7
Berlin 19,7 19,2 22,4 18,2
Brandenburg 19,2 16,3 16,8 15,2
Bremen 22,3 21,1 24,8 22,7
Hamburg 15,7 13,3 15,7 15,3
Hessen 12,7 12,1 14,4 15,8
Mecklenburg-Vorpommern 24,1 22,4 21,7 20,9
Niedersachsen 15,5 15,3 16,5 15,9
Nordrhein-Westfalen 14,4 15,4 17,5 18,1
Rheinland-Pfalz 14,2 14,8 15,2 15,4
Saarland 15,5 14,3 17,2 16,0
Sachsen 19,2 19,4 18,6 16,6
Sachsen-Anhalt 22,4 19,8 20,1 19,5
Schleswig-Holstein 13,3 13,8 14,6 15,3
Thüringen 19,9 17,6 18,9 16,4
Früheres Bundesgebiet (ohne Berlin) 13,2 13,3 14,7 15,0
Neue Bundesländer (einschließlich Berlin) 20,4 19,0 19,7 17,5

Methodische Hinweise:
Diese Ergebnisse gehen aus aktuellen Berechnungen auf Basis des Mikrozensus hervor, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Rahmen des Projekts „Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik“ durchgeführt wurden. Der Mikrozensus ist die größte jährliche Haushaltsbefragung in Europa; er bietet aufgrund seiner Stichprobengröße die Möglichkeit, für alle Bundesländer verlässliche Indikatoren zu ermitteln und zu vergleichen. Das bedarfsgewichtete Einkommen (Äquivalenzeinkommen) wird auf Basis der 1994 entwickelten neuen OECD-Skala berechnet. Nach dieser wird der ersten erwachsenen Person im Haushalt das Bedarfsgewicht 1 zugeordnet, für die weiteren Haushaltsmitglieder werden kleinere Gewichte eingesetzt (0,5 für weitere Personen im Alter von 14 und mehr Jahren und 0,3 für jedes Kind im Alter von unter 14 Jahren), weil angenommen wird, dass sich durch gemeinsames Wirtschaften Einsparungen erreichen lassen.

Für die Berechnung von Armutsgefährdungsquoten kommen mehrere Datenquellen der amtlichen Statistik in Betracht. Die amtliche Hauptdatenquelle für Armutsquoten in Deutschland ist die Statistik „Leben in Europa“ (EU-SILC). EU-SILC liefert jährlich EU-weit vergleichbare Ergebnisse zu Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in den EU-Mitgliedsstaaten. Nach den Ergebnissen von EU-SILC ergab sich für das Erhebungsjahr 2017 bundesweit eine Armutsgefährdungsquote von 16,1 %. Zum Vergleich: Die auf Basis des Mikrozensus berechnete Armutsgefährdungsquote für das aktuelle Berichtsjahr 2018 lag bundesweit bei 15,5 %. Zu beachten ist, dass sich Mikrozensus und EU-SILC sowohl hinsichtlich des zugrunde liegenden Einkommenskonzepts und der Einkommenserfassung als auch hinsichtlich des Stichprobendesigns unterscheiden. Für die Darstellung vergleichbarer Indikatoren auf Ebene der Bundesländer kann EU-SILC nicht verwendet werden, da die Stichprobe nicht groß genug ist, um auch für kleinere Bundesländer die entsprechenden Indikatoren auszuweisen.

Die Grundlage der hier veröffentlichten Armutsgefährdung ist die Armutsgefährdungsschwelle auf Bundesebene (Bundesmedian), die für Bund und Länder einheitlich ist und somit einen regionalen Vergleich ermöglicht. Neben den dargestellten Armutsgefährdungsquoten gemessen am Bundesmedian werden im Rahmen der Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik auch Armutsgefährdungsquoten gemessen am Landes- beziehungsweise regionalen Median berechnet. Hierzu wird das mittlere Einkommen (Median) im jeweiligen Bundesland beziehungsweise in der jeweiligen Region herangezogen. Dadurch wird den Unterschieden im Einkommensniveau zwischen den Bundesländern beziehungsweise Regionen Rechnung getragen. Regionale Einkommensunterschiede werden zum Teil durch Unterschiede im Preisniveau (insbesondere im Mietniveau) ausgeglichen. Dies kann dazu führen, dass die Armutsgefährdung gemessen am Bundesmedian in prosperierenden Regionen unterschätzt und andererseits die Armut in Regionen mit einem relativ niedrigen Einkommensniveau überschätzt wird.

Armutsgefährdungsquoten sind gegenüber stichprobenbedingten Schwankungen des mittleren Einkommens (Median) nicht sehr robust. Das bedeutet, dass bereits geringe zufällige Schwankungen dieses Einkommens merkliche Veränderungen der Armutsgefährdungsquoten zur Folge haben können. Deshalb sollten grundsätzlich nur über einen längeren Zeitraum stabile Entwicklungen inhaltlich interpretiert werden. Dies gilt insbesondere für Armutsgefährdungsquoten kleiner Bevölkerungsgruppen oder für regional tief gegliederte Ergebnisse. Durch Umstellung auf eine neue Stichprobe sowie durch Sondereffekte im Kontext der Bevölkerungsentwicklung ist die Vergleichbarkeit der Mikrozensusergebnisse ab dem Berichtsjahr 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt.

Zum Haushaltstyp „Alleinerziehende und deren Kind(er)“ zählen im Mikrozensus Ein-Eltern-Kind-Gemeinschaften, in denen Mütter und Väter ohne Ehe- oder Lebenspartner/-in mit minderjährigem/n Kind(ern) in einem Haushalt zusammenleben. Zu den Kindern zählen Personen ohne Ehe- oder Lebenspartner/-in und eigene Kinder im Haushalt.

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