Pfingstsonntag 10.000 Menschen gegen teure Mieten auf der Straße

Immobilienhaie

Abzocker enteignen

Protest: Über 10.000 auf »Mietenwahnsinn«-Demo in Berlin
Von Simon Zamora Martin  jw vom 25.5.2021

Knapp sechs Wochen nachdem der Berliner »Mietendeckel« durch das Bundesverfassungsgericht gekippt worden war, gingen am Pfingstsonntag 10.000 Menschen gegen teure Mieten auf die Straße. Seit dem Urteil hat sich die Situation für Mieter in der Hauptstadt deutlich verschlechtert. Viele Vermieter sind in die Offensive gegangen. Es werden nicht nur vierstellige Nachzahlungen eingefordert, sondern oft auch illegal Mieten erhöht.

Ein Vermieter, der besonders durch seine kriminellen Machenschaften aufgefallen ist, ist die Familie Blaczko. Am Tag der Urteilsverkündung versendete das Unternehmen mit Firmensitz in Miami hämische E-Mails, unterzeichnet mit dem Kürzel »fy« – der englischen Abkürzung für »Fick dich«. »Die Probleme der Mieterinnen und Mieter bei Blaczko reichen von der Videoüberwachung über teilgewerbliche Mietverträge für Wohnraum bis hin zu fingierten Untermietverträgen, mit denen Mitarbeiter der Hausverwaltung als Hauptmieter auftreten«, erzählte Mio Decker von der Mietergewerkschaft gegenüber jW. Die Gewerkschafter unterstützen eine Initiative von Blaczko-Mietern, ihre Forderungen kollektiv durchzusetzen. »Meine Miete liegt fast 50 Prozent über dem Mietspiegel«, sagte Blaczko-Mieter Tobias Schmitt (Name geändert) gegenüber jW. Er ist erst jüngst zur Initiative hinzugestoßen.

Mittlerweile schickt die Hausverwaltung private Sicherheitsdienste, um die Vernetzung von Mietern zu verhindern und Namen der aktiven auszukundschaften. »Nach einer vergangenen Flyeraktion klingelte es um halb zwölf nachts Sturm bei mir«, erzählt Schmitt. Er wurde seinen Angaben zufolge mit den Worten »Komm’ runter, du Arschloch, du weißt, worum es geht« bedroht. Es brauche nicht nur eine Enteignung der größten Wohnungsunternehmen, wie sie die Kampagne »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« (DWE) vorschlägt, meint Decker von der Mietergewerkschaft. Auch die Firma der Familie Blaczko mit ihren wohl knapp 1.000 Wohnungen in Berlin gehöre enteignet.

Mit mehr als 600 Personen war der DWE-Block der zahlenmäßig stärkste auf der Demonstration. Nach dem höchstrichterlich untersagten »Mietendeckel« strömten Hunderte neue Aktive in die Kampagne, die in der ganzen Stadt Unterschriften für den Volksentscheid sammeln. Doch bisher zeigte die Kampagne kaum ihre Stärke auf der Straße. Teile des Koordinierungskreises – vor allem die Partei Die Linke – fürchten internen Quellen zufolge, dass stärkere Mobilisierungen dazu führen könnten, dass Kräfte links der Regierungspartei mehr Einfluss auf die Kampagne bekämen.

Dass genug Unterschriften für den Volksentscheid zusammenkommen werden, ist sehr wahrscheinlich. Aber auch wenn eine Mehrheit der Berliner am 26. September für eine Enteignung stimmen sollte, ist nicht garantiert, dass der Senat diese auch wirklich durchsetzt. Denn mit einem positiven Aufgang des Volksentscheids wird der Senat nur mit der Ausarbeitung eines Gesetzes beauftragt. Kurzum: Es braucht weiter Druck von der Straße.

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