3,38 Millionen Beschäftigte weniger als 2000 Euro Brutto – trotz Vollzeit

Herne: 4.339 Beschäftigte im Niedriglohnbereich- 15,5 Prozent aller SV-Beschäftigten in Vollzeit – ein Skandal über den wenige sprechen

3,38 Millionen Beschäftigte weniger als 2000 Euro – trotz Vollzeit

Stand: 28.04.2019 10:45 Uhr (tagesschau)

Ein Verdienst von weniger als 2000 Euro brutto – für rund 3,38 Millionen Vollzeitbeschäftigte in Deutschland ist das Realität. Reinigungskräfte und Beschäftigte in Hotels und Gaststätten verdienen am wenigsten.

Rund 3,38 Millionen Vollzeitbeschäftigte in Deutschland haben im Monat zuletzt weniger als 2000 Euro brutto verdient. Nach den jüngsten offiziellen Daten von Ende 2017 waren das 16 Prozent, zeigt eine Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf eine Anfrage der Linken. Die Abgeordnete Sabine Zimmermann hatte anlässlich des Tages der Arbeit am 1. Mai danach gefragt. Das Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Große regionale Unterschiede

Regional gibt es große Unterschiede. Während in Westdeutschland 13,5 Prozent der Vollzeitbeschäftigten (2,32 Millionen) weniger als 2000 Euro brutto verdienten, waren es in Ostdeutschland 27,5 Prozent (1,06 Millionen) – also fast jeder Vierte. Die höchsten Anteile hatten mit 32,6 Prozent Mecklenburg-Vorpommern und mit 30,2 Prozent Thüringen. Die niedrigsten Anteile gab es mit 11,4 Prozent in Baden-Württemberg und mit 11,5 Prozent in Hamburg.

„Viel zu viele Beschäftigte werden mit Niedriglöhnen abgespeist“, sagte Zimmermann. So sorgten Inflation und vielerorts explodierende Mieten dafür, dass man mit unter 2000 Euro brutto nicht mehr weit komme. „Es ist ein Skandal, dass insbesondere der Osten weiterhin so deutlich abgehängt ist“, so die Arbeitsmarktexpertin ihrer Fraktion. Von der Bundesregierung forderte Zimmermann unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns von 9,19 Euro auf 12 Euro und die Abschaffung von Leiharbeit.

Sabine Zimmermann, die Linke | Bildquelle: picture alliance/dpa

Zu viele Beschäftige würden mit Niedriglöhnen abgespeist, kritisiert Linken-Politikerin Zimmermann.

Reinigungskräfte als Schlusslicht

Auch die Branchenunterschiede sind groß. Das zeigt eine weitere der dpa vorliegende Antwort, die das Sozialministerium unabhängig davon auf eine kleine Anfrage des AfD-Abgeordneten René Springer gegeben hat: So bildeten bei den hauptsächlichen Berufsgruppen die Beschäftigten der Reinigungsberufe mit einem mittleren Bruttoeinkommen von 1861 Euro Ende 2017 das Schlusslicht – gefolgt von den Arbeitnehmern im Tourismus, bei Hotels und Gaststätten mit 1961 Euro.

Es folgen die Land-, Tier- und Forstwirtschaftsberufe mit 2154 Euro für die Beschäftigten im Mittel, die Lebensmittelherstellung und -verarbeitung mit 2165 Euro, die nichtmedizinischen Gesundheits- und Pflegeberufe mit 2353 Euro und die Berufe im Verkauf mit 2411 Euro.

Leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr

Die Zahlen sind leicht zurückgegangen. Vor einem Jahr hatte eine Anfrage von Zimmermann ergeben, dass rund 3,7 Millionen Beschäftigte weniger als 2000 Euro brutto im Monat verdienten. Das entsprach knapp 18 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten.

In den fünf neuen Bundesländern lag der Anteil durchgehend bei mehr als 30 Prozent. Im Westen waren knapp 15 Prozent betroffen. Diese Angaben hatten sich auf Daten aus dem Jahr 2016 bezogen.

 

Zahlen des Sozialforums für Herne:

Das Medianentgelt in Herne betrug Ende Dezember 2017 3.295 Euro. Ende Dezember 1999 lag das Medianentgelt in der Stadt Herne bei 2.467 Euro. D.h. in den vergangenen 18 Jahren stieg das Medianentgelt in Herne um 33,6 Prozent, um 4,4 Prozent unter dem bundesweiten Anstieg.

In den Nachbarstädten lag das Entgelt bei: Bochum 3.273 Euro, Gelsenkirchen 3.242 Euro, Dortmund 3.315 Euro und Essen 3.451 Euro. In den Metropolen in der Rheinschiene lag der Wert in Düsseldorf bei 3.882 Euro und in Köln 3.696 Euro. Die Bankenstadt Frankfurt am Main weist einen Wert von 4.182 Euro auf.

Die Anzahl der Niedriglöhner in Herne betrug Ende Dezember 2017 15,5 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten der Kerngruppe, in absoluten Zahlen 4.339 Beschäftigte. Bundesweit betrug dieser Anteil 19,8 Prozent und in NRW 17,1 Prozent.

Ende Dezember 1999 betrug die Zahl 4.062 Beschäftigte oder 13,8 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten der Kerngruppe. D.h. in den vergangenen 18 Jahren stieg die Anzahl der Beschäftigten in diesem Niedriglohnbereich um 6,8 Prozent.

Während der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnbereich der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten der Kerngruppe mit einem anerkannten Berufsabschluss und einem akademischen Berufsabschluss seit 2010 fast gleich geblieben ist, nahm der Anteil der Betroffenen ohne Berufsabschluss von 32,5 auf 39,6 Prozent zu.

Ausschließlich geringfügige Beschäftigte waren zum Zeitpunkt Dezember 2017 in Herne 7.734 Menschen, im Vergleich zum Dezember 2010 mit 8.457 ausschließlich geringfügig Beschäftigten (Abnahme um 8,5 Prozent).

Im Nebenjob geringfügig Beschäftigte zählt man zum Dezember 2017 in Herne 2.759 Beschäftigte, im Vergleich zu 1.482 Beschäftigten im Monat Dezember 2003. Das entspricht einer Zunahme um 86, 2 Prozent. Eine Untersuchung der Bundesagentur hat ergeben, dass diese Zweitjobber in der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Durchschnitt 570 Euro weniger verdienen.

zusammengestellt Norbert Kozicki Dipl.Soz.Wiss.

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