Gericht spricht Schülerin wegen Lockdowns Computer zu

Gericht spricht Schülerin wegen Lockdowns Computer zu

Urteil nicht anfechtbar / Kosten seien im Regelbedarf für Hartz-IV-Empfänger nicht berücksichtigt

Erfurt. Einer Schülerin aus einer sozial benachteiligten Familie stehen wegen der Schulschließungen im Lockdown ein Computer und ein Drucker zu. Das entschied das Thüringer Landessozialgericht in einem am Dienstag in Erfurt veröffentlichten Urteil. Das Gericht verpflichtete das Jobcenter zur Beschaffung der Geräte, damit die Achtklässlerin während der Pandemie von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen kann. (Az.: L 9 AS 862/20 B ER)

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»Bei allen Milliarden, die bisher zur Bewältigung der Coronakrise ausgegeben wurden, findet sich kaum ein Cent für Menschen in Hartz IV oder Altersgrundsicherung.«

Soziale Spaltung

Shutdown mit Folgen

Schulschließungen: Verbände werfen Politik vor, arme Familien zu vernachlässigen. Psychische Auffälligkeiten bei Kindern nahezu verdoppelt

 
Von Susan Bonath  junge welt 7.1.2021

Deutschlands Schulen und Kindertagesstätten gehen in den nächsten Shutdown. Auf eine einheitliche bundesweite Regelung einigten sich Bund und Länder bei einer Konferenz am Dienstag nicht. Die Aufforderung aber lautet: Zunächst bis Ende Januar sollen die Einrichtungen weitgehend geschlossen bleiben. Ausnahmen müssen die Länder selbst regeln. Zudem sollen strenge Kontaktbeschränkungen nun auch für Kinder gelten. Familien sollen ihre persönlichen Kontakte auf eine Person aus einem anderen Haushalt beschränken, um die Coronapandemie einzudämmen. Angesichts dessen forderte der Paritätische Gesamtverband am Dienstag ein Sofortprogramm, um arme Familien zu unterstützen.

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„Die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung ist besser als ihr Ruf in manchen Kreisen.“ (Prof. Sell)

Drei Prozent Nettorendite. Nicht auf Aktien. Sondern in der Gesetzlichen Rentenversicherung

Immer wieder hört man die frustriert-aggressive Kommentierung, dass man mit dem, was an Beiträgen in die Gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden muss, weil es sich um eine Zwangsversicherung für abhängig Beschäftigte handelt, privat viel besser selbst vorsorgen und weitaus mehr herausbekommen könnte. Niklas Hoyer hat diese durchaus weit verbreitete Meinung in seinem Artikel So viel Rendite bringt die gesetzliche Rente mit drastischen Beispielworten auf den Punkt gebracht: »Dem IT-Berater aus Thüringen platzte der Kragen. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ließ er Mitte November seinem Ärger freien Lauf: „Die beschissene Rentenversicherung wird mich in meinem Erwerbsleben über eine Million Euro in Gebühren und entgangener Rendite kosten. Das ist absurd.“ Er würde doch gerne selbst entscheiden, welche Versicherung er abschließt, schrieb der Mann.« Es geht um hunderte Euro Monat für Monat. Im nun neuen Jahr 2021 beträgt der monatliche Höchstbetrag beim Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze 660 Euro im Monat – und der Arbeitgeber legt noch einmal den gleichen Betrag dazu, mithin also 1.320,60 Euro pro Monat.

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„Der Münchner Automobilhersteller BMW ließ sich für 30.000 Beschäftigte in Kurzarbeit vom Staat fast die gesamten Lohnkosten erstatten, schüttete aber im Mai 2020 nicht weniger als 1,64 Milliarden Euro an Dividenden für das Vorjahr aus.“ (Butterwegge)

Butterwegge über Corona-Hilfen:

„Die Armen werden bewusst nicht bedacht“

Noch im Mai forderte der Armutsforscher Christoph Butterwegge im NachDenkSeiten-Interview einen „Corona-Soli“ für die Armen. Sein Ruf blieb von politischer Seite ungehört. In einem aktuellen Interview mit den NachDenkSeiten spricht Butterwegge im Hinblick auf die Corona-Hilfen von einem „weißen Fleck in der Förderlandschaft“. Während die Politik Konzerne wie BMW mit sehr viel Geld unterstütze, blieben die Armen nach wie vor auf der Strecke. Er kommt zu dem Fazit: „Nicht das Coronavirus ist unsozial, sondern eine reiche, unter dem Einfluss des Neoliberalismus stehende Gesellschaft, die ihre armen Mitglieder zu wenig vor den Infektionsrisiken und den wirtschaftlichen Verwerfungen der Pandemie schützt.“ Von Marcus Klöckner.

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„Die Betroffenen warten am Fuße des Berges der Gerechtigkeit, aber es geht nicht mehr vorwärts.“ (Klaus Dörre)

 

Gewerkschaften und Rechtspopulisten: Aus dem Paradies vertrieben

Vor allem männliche Arbeiter sympathisieren mit rechten Parteien. Die Gewerkschaften ignorieren das Thema.

Der kalifornische Stadtsoziologe Mike Davis machte schon 2004 auf eine politische Verschiebung in den Vereinigten Staaten aufmerksam. Als John Kerry gegen George W. Bush verlor, belegte er das am Beispiel von West Virginia. In den Appalachen, die die liberale Ostküste vom konservativen „Bible Belt“ trennen, liegt das Zentrum des einst wichtigen Kohlebergbaus – in Europa vergleichbar mit dem Ruhrgebiet, der belgischen Wallonie, Oberschlesien oder Südwales.

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Kritisiert jetzt schon der DGB-Chef die deutschen Gewerkschaften ? „In Deutschland arbeiten sieben Millionen Menschen im Niedriglohnbereich.“ (DGB-Vors. Hoffmann)

Armutsgefälle DGB-Chef Hoffmann: „Viel zu viele Menschen sind ärmer geworden“

Kommt Deutschland gut durch die Krise? Der Gewerkschafter zeigt sich alarmiert: Auch trotz Kurzarbeit befänden sich viele in finanziellen Engpässen.

Der Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) beklagt eine Vergrößerung des sozialen Gefälles in Deutschland durch die Folgen der Corona-Pandemie. „Viel zu viele Menschen sind in der Pandemie noch ärmer geworden – auch durch Kurzarbeit“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Geringe Löhne, schmerzhafte Einkommenseinbußen und steigende Wohnkosten brächten viele Menschen in Deutschland in eine schwierige Lage. „In Deutschland arbeiten sieben Millionen Menschen im Niedriglohnbereich“, sagte Hoffmann. Seit Monaten sei Kurzarbeit auch in Branchen mit eher geringen Einkommen weit verbreitet, etwa in der Hotellerie und dem Gastgewerbe.

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Wir brauchen eine „Lohnrevolution“ in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kitas und Supermärkten!

Weg mit der Rentenlücke!

Im Wortlaut von Dietmar Bartsch, Focus,

Gastbeitrag von Dietmar Bartsch im Focus (Die Linke)

Es war zweifellos eine emotionale Rede, die Angela Merkel am Mittwoch im Bundestag gehalten hat. Ihr Appell, alles zu tun, um Mitmenschen vor dem Virus zu schützen, unser Gesundheitssystem vor dem Kollaps zu bewahren und die unerträglich hohen Sterbezahlen herunterzubringen, hat durchaus Eindruck hinterlassen. Ihr Dank an Ärzte und Pflegepersonal, die seit dem Frühjahr alles geben, was in ihrer Macht steht, war gestern so richtig, wie im Frühjahr. Umso beschämender bleibt, dass wir Pflegekräften mit schlechten Löhnen am Abend nach Hause und im Alter in Armut schicken.

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Eine breite Front aus Arbeitgeberverbänden, Union, FDP, der OECD und sogenannten Rentenpäpsten fordert unter verschiedenen Etiketten immer wieder das gleiche: Die Beschäftigten sollen länger arbeiten (müssen), um die Rentenfinanzen zu entlasten.

Länger einzahlen und kürzer Rente erhalten? Nein, danke!

Im Wortlaut von Matthias W. Birkwald,

Die Daten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zeigen es deutlich: Eine höhere Lebenserwartung bedeutet praktisch, vollständig länger arbeiten zu müssen, wenn man keine Abschläge hinnehmen will – und für viele Menschen eben gerade nicht den behaupteten länger währenden Ruhestand.

Die Möglichkeiten für einen abschlagsfreien Übergang in die Rente wurden und werden immer mehr eingeschränkt. Die Wohlstandsgewinne und der medizinische Fortschritt unserer Gesellschaft werden nicht an die Menschen weitergegeben, die sie erarbeitet haben. Von einem verdienten und sicheren Ruhestand für alle Menschen im Rentenalter sind wir damit leider weit entfernt.

Die Politik der Rente erst ab 67 – und auch der CDU-Vorschlag für einen individuellen Rentenübergang – sind nichts Anderes als eine unsoziale Rentenkürzung nach dem Motto „Länger einzahlen und kürzer Rente erhalten“. Damit sollen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber einseitig von Beiträgen entlastet werden während die hart arbeitenden Beschäftigten in die Röhre gucken.

DIE LINKE fordert stattdessen: Alle Versicherten sollen wieder ab 65 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen dürfen und nach 40 Beitragsjahren muss man schon ab 60 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Dann hätten wir altersgerechte Übergänge in die Rente.

Hintergrund:

Eine breite Front aus Arbeitgeberverbänden, Union, FDP, der OECD und sogenannten Rentenpäpsten fordert unter verschiedenen Etiketten immer wieder das gleiche: Die Beschäftigten sollen länger arbeiten (müssen), um die Rentenfinanzen zu entlasten.

Entweder wird gleich eine Rente erst ab 69, 70 oder 85 gefordert oder diese Absicht wird verschleiert als „Anpassung des Rentenalters an die durchschnittlich steigende Lebenserwartung“ oder – wie jetzt von der Union – als „individueller Renteneintritt“ verklausuliert. Arbeiten bis zum Umfallen wird dann für immer mehr Ältere zur traurigen Realität werden. Fast 15 Prozent der älteren Menschen sterben aktuell vor ihrem 65. Geburtstag (2019: 14,4 Prozent1).

Die marktradikalen Apologeten der Rente erst ab 67 suchen nach neuen Wegen, um noch längeres Arbeiten und einen noch kürzeren Ruhestand über immer höhere Abschläge bei einem vorzeitigen Renteneintritt zu erzwingen. Schon heute gehen 22,5 Prozent der neuen Altersrentnerinnen und Altersrentner mit Abschlägen in Rente. Ihre durchschnittliche Nettorente (Rentenzahlbetrag) reduziert sich durch die Abschläge um über 200 Euro von 1218 auf 1007 Euro (DRV, Rentenversicherung in Zeitreihen 2020, S. 86).

Echte Anstrengungen und gesetzliche Initiativen für altersgerechtes Arbeiten oder alternsgerechte Arbeitsplätze sucht man vergeblich.

Im Rentenkonzept der Union findet sich folgende Passage:

„Daher ist zu prüfen, in welchem Umfang die gewonnene Lebenszeit ausgewogen auf Erwerbsphase und Rentenphase verteilt werden kann.“ (S. 2, CDU, Beschluss zur Rentenpolitik des BFA Soziale Sicherung und Arbeitswelt vom 30. November 20202).

Wir haben der Union diesen Prüfauftrag abgenommen und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefragt, wie sich seit 1995 einerseits die Altersgrenze für einen abschlagsfreien Renteneintritt und andererseits die sogenannte verbleibende Lebenserwartung ab 60 entwickelt haben und bis 2035 entwickeln werden. Außerdem haben wir vom Statistischen Bundesamt die jeweilige exakte verbleibende Lebenserwartung zum abschlagsfreien Renteneintritt ergänzen lassen.

Diese zeigt, wie viele abschlagsfreie Rentenjahre Menschen heute und in Zukunft im Durchschnitt noch erwarten können.

Ergebnisse der Antwort auf die schriftliche Frage von Matthias W. Birkwald:

Viele Wege in einen abschlagsfreien Rentenzugang wurden immer mehr versperrt bzw. die Altersgrenzen dafür wurden und werden schrittweise angehoben:

  • Die abschlagsfreie Altersrente für Frauen ab ursprünglich 60 Jahren wurde ab dem Jahrgang 1952 komplett abgeschafft.
  • Die Altersgrenze für langjährig Versicherte (35 Beitragsjahre) wird schrittweise vom 63 auf das 67. Lebensjahr angehoben (2020 für den Jahrgang 1954 bei 65 Jahren und acht Monaten) und entspricht ab 2035 der Regealtersgrenze.
  • Aus der 2014 eingeführten abschlagsfreien Rente ab 63 (Rente für besonders langjährig Versicherte) wird bis zum Jahr 2035 eine abschlagsfreie Rente ab 65 (2020 für den Jahrgang 1956 bei 63 und acht Monaten). Die für diese Rente notwendigen 45 Beitragsjahre werden zukünftig aber immer weniger Menschen erreichen.

Gleichzeitig wird zwar die verbleibende Lebenserwartung von 60jährigen Männern zwischen 1995 und 2035 um 5,5 auf 23,6 Jahre und von Frauen um 4,4 Jahre auf 26,9 Jahre ansteigen; die Zahl der durchschnittlich verbleibenden Lebensjahre in einem abschlagsfreien Ruhestand ist aber wegen der Anhebung der Altersgrenzen nur minimal gestiegen:

Bei langjährig und besonders langjährig versicherten Männern nur um 0,5 Jahre, bei langjährig und besonders langjährig versicherten Frauen nur um 0,1 Jahre.


1 Quelle: Statistisches Bundesamt, Gestorbene nach Geschlecht und Altersjahre: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=tabelleErgebnis&selectionname=12613-0003&zeitscheiben=5

2https://www.cdu.de/system/tdf/media/beschluss_zur_rentenpolitik_30.11.2020_0.pdf?file=1


Ausführliche Auswertung (PDF)

Die Diakonie Deutschland fordert die Bundesregierung auf, die Berechnungsmethode für die Regelsätze grundlegend zu ändern.

Zur Erinnerung: Abstimmung im Mai im Deutschen Bundestag zu zwei Erhöhungsanträgen der Linken und des Bündnis90-Die Grünen

Transparenz statt Willkür

Diakonie stellt ein neues alternatives Modell für die Berechnung des Existenzminimums vor

  • Von Lisa Ecke

»Die Methode der Regelbedarfsermittlung ist aus unserer Sicht unsauber«, erklärte Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland am Freitag auf einer Pressekonferenz. Ein Problem sei etwa, dass Haushalte, die selbst einen Anspruch auf Sozialleistungen haben und die selber unterhalb des Existenzminimus leben, Teil der Vergleichsgruppe sind, die für die Berechnung der Hartz-IV-Sätze herangezogen werden. An den Ausgaben der Vergleichsgruppe der unteren 15 Prozent der Einkommen werden darüber hinaus noch »willkürlich Streichungen von bis zu 180 Euro vorgenommen.« Gestrichen werden etwa Ausgaben für einen Weihnachtsbaum, für Haustierfutter oder für Malstifte.

Auch Ausgaben für seltene, aber teure Gegenstände wie für eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank werden nur mit Minipauschalen in die Regelsätze eingerechnet. »Diese Ansparweise von wenig Geld der Regelsätze ist völlig lebensfremd«, sagte Loheide.

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Frohes Fest: Die Regelsätze wurden jüngst neu berechnet, der Posten »Schnittblumen und Zimmerpflanzen«, inklusive Weihnachts­accessoires und Festtagsdekoration, gekürzt. Im Amtsdeutsch: »nicht regelbedarfsrelevant«

Hartz IV

Das große Fressen – nur nicht für alle

Fest ohne Baum. Für zahlreiche Hartz-IV-Bezieher ist das längst Weihnachtsrealität. Und es wird noch trister. Die Regelsätze wurden jüngst neu berechnet, der Posten »Schnittblumen und Zimmerpflanzen«, inklusive Weihnachts­accessoires und Festtagsdekoration, gekürzt. Im Amtsdeutsch: »nicht regelbedarfsrelevant«. Die Folge: Familien mit Hartz-IV-Bezug entgehen nun knapp 100 Euro pro Jahr. Unter anderem für den Kauf von Weihnachtsbaum, Christbaumkugeln und Lametta. Das ergab eine Antwort aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf eine schriftliche Frage der Linksfraktion im Bundestag.

»Gerade im Coronajahr, in dem Weihnachten nur in kleinem Kreis gefeiert werden kann, sollten alle wenigstens das eigene Zuhause festlich schmücken können«, hieß es in einer Linke-Erklärung. Auf Kürzungen bei Hartz IV müsse die Regierung verzichten. Zumal die Preise für Nordmanntannen laut Branchenkreisen weiter anziehen dürften.

Andere Populationen sind vom Staatskampf gegen Arme nicht betroffen – Dromedare im Tierpark etwa. Die Einhöckrigen bekommen Weihnachtsbäume sogar frei Haus als Mahlzeit serviert. (jW)

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